Das Ackerland den Multis

Honduras' Agrarreform zeigt, wie der Druck von IWF und Weltbank deutsche Entwicklungshilfe ins Leere laufen läßt  ■ Von Uwe Hoering

Bonn (taz) – Mehr Druck auf ihre Regierung erhoffen sich honduranische Bauernvertreter von ihrem Besuch im Bonner Entwicklungshilfeministerium (BMZ). Die Ausführung des fünf Jahre alten „Agrarmodernisierungsgesetzes“ in Honduras gehe nicht nur zu Lasten der dortigen Kleinbauern, es unterwandere auch die Ziele der deutschen Entwicklungshilfe.

Der Kern des 1992 verabschiedeten Gesetzes: Land wird zur frei gehandelten Ware. Genossenschaften zum Beispiel dürfen damit Acker, den sie im Zuge der Landreform seit den sechziger Jahren bekommen haben, jetzt verkaufen. Das Gesetz ist Teil der Strukturanpassungspolitik, die auf Drängen von Weltbank und IWF seit Anfang der neunziger Jahre in Honduras durchgezogen wird, es atmet den gleichen Geist des Neoliberalismus: Der Agrarsektor soll dem Markt geöffnet werden.

Damit seien allerdings die eh schon schleppenden Ansätze der Landreform vollends gestoppt worden, sagt Octavio Sanchez vom Koordinationsrat der Bauernorganisationen. Obwohl 60.000 Bauernfamilien seit den Sechzigern zu Land gekommen sind, verbleiben noch immer mehr als 200.000 ländliche Familien landlos oder besitzen weniger als einen Hektar. Wer kein Geld hat, kann aber von der neuen Freiheit kaum Gebrauch machen. Preise von 2.000 US-Dollar pro Hektar sind für einfache Bauern unbezahlbar.

Da viele Kooperativen mangels Krediten und landwirtschaftlicher Beratung marode sind, haben seit 1992 bereits 242 Bauerngruppen Land verkauft, überwiegend an Bananenkonzerne und Palmölbarone. Damit geht die Rechnung der Weltbank auf: Honduras soll mehr exportieren, um seine Schulden zu bezahlen.

Die Kehrseite: Armut und die unsichere Ernährungslage der ländlichen Bevölkerung haben sich verschlimmert. „Die Kluft zwischen Arm und Reich ist größer geworden“, sagt Francisco Ramos vom Verband zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Die landwirtschaftliche Produktion ist gesunken: Die Reisernte sank in vier Jahren um 44 Prozent, die Bohnenernte gar um die Hälfte. Da kann das BMZ sich noch so bemühen: Immerhin gab es gleichzeitig 13 Millionen Mark aus für ein Programm zur Ernährungssicherung und ländlichen Entwicklung.

Seit dem Gesetz wird der Regenwald an den Meistbietenden versteigert. Bis zu 100.000 Familien, die von der Waldbewirtschaftung leben, könnten damit ihre bisherigen Nutzungsrechte verlieren. Gleichzeitig hat sich die Abholzung beschleunigt, die Exporte helfen, Schuldzinsen zu zahlen.

Deutsche Entwicklungsorganisationen, wie Brot für die Welt, Misereor, die Christliche Initiative Romero und Südwind, klagen, daß ihre Projekte zur Ernährungssicherung und ländlichen Entwicklung inzwischen systematisch ausgehebelt werden. Das gilt ebenso für staatliche Entwicklungshilfe: Eine nachhaltige Forstwirtschaft, wie sie die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit mit dem Projekt einer „Sozialen Waldbewirtschaft“ anstrebt, wird unterlaufen. Das BMZ zahlte dafür bislang 19 Millionen Mark. Bereits 1992 hatte die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit vor „Risiken für eine nachhaltige Bewirtschaftung“ durch einen „abrupten Übergang zur Privatwirtschaft“ gewarnt.

Octavio Sanchez und Francisco Ramos fürchten, daß die nächste Regierung, die Ende November gewählt wird, das neoliberale Strickmuster des Gesetzes noch rigoroser umsetzen wird. Entwicklungsminister Spranger wird Ende Januar in Honduras sein – just zum Amtsantritt der neuen Regierung. Eine gute Gelegenheit, Hilfe für die Kleinbauern anzumahnen.