RAF-Gefangener Pohl bittet um Gnade

■ Der Ex-Sprecher der Inhaftierten hat bereits vor Monaten um Straferlaß gebeten

Berlin (taz) – Der zu lebenslanger Haft verurteilte Helmut Pohl hat den Zwang zum Kollektiv durchbrochen: Der einstige Sprecher der RAF-Gefangenen hat bereits vor zehn Monaten Bundespräsident Roman Herzog um Gnade gebeten, unterstützt vom Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger. Das berichtet der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe. Pohls Anwälte hielten das Gnadengesuch vor der Öffentlichkeit und der linken Unterstützerszene geheim, die eine Kampagne gegen die „Vernichtungshaft“ führe.

Pohl, der mit Unterbrechungen etwa zwei Jahrzehnte hinter Gittern verbracht hat, verbüßt im hessischen Gefängnis Schwalmstadt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte Pohl 1986 wegen seiner Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf das europäische Hauptquartier der U.S. Air Force in Ramstein im Sommer 1981. Bereits im Januar soll Pohl an den Bundespräsidenten geschrieben haben, um ihn „um Straferlaß zu bitten“. Sein Gesundheitszustand sei schlecht, außerdem habe er Familie. Im Zentrum seiner Zukunftsvorstellungen stehe der Wunsch, mit seiner Frau und deren beiden halbwüchsigen Kindern eine Beziehung aufzubauen. Die Hoffnung auf ein intaktes Familienleben sei ausschlaggebend gewesen „in meiner inneren Auseinandersetzung um den Entschluß zu diesem Antrag“, zitiert das Magazin den RAF-Veteran.

Hans Magnus Enzensberger hat vor zwei Monaten einen Brief mit dem gleichen Anliegen an Roman Herzog gerichtet: „Ungefragt und ohne Mandat“ bittet der Autor Roman Herzog um Gnade für den Strafgefangenen Helmut Pohl. Er habe ihn seit Anfang der neunziger Jahre regelmäßig besucht und sei „zu der Überzeugung gekommen, daß Herr Pohl sich definitiv von der Politik des Terrorismus verabschiedet hat“.