Weltbank völlig unprofessionell

■ Interner Bericht weist auf Defizite und mangelnde Lernfähigkeit des Managements hin. Nur 19 Prozent aller technischen Projekte erfolgreich. Bankchef kommt morgen nach Bonn

Berlin (taz) – Die seit Jahren versprochene Reform der Weltbank stockt. In einem der taz vorliegenden neuen internen Bericht zum Management 150 schwieriger Weltbankprojekte heißt es, daß Fehlentwicklungen bei der weltweiten Kreditvergabe nicht abgestellt werden konnten. Zu Beginn vieler Projekte würden „fehlende Strukturen in den Schuldnerländern heruntergespielt“, zum Ende würden „gescheiterte Projekte künstlich am Leben erhalten“, schreiben die Autoren des Papiers, das die Weltbank noch unter Verschluß hält. In der Abteilung technische Unterstützung, die nur 19 Prozent ihrer Projekt erfolgreich zu Ende bringt, „herrscht gepflegte Langeweile und Fatalismus“.

Der Bericht muß Weltbankchef James Wolfensohn erheblich beunruhigen. Wolfensohn, der morgen nach Bonn kommt, hatte im vergangenen April eine Qualitätskontrolle in der Bank eingeführt. Der in neun Monaten entstandene 800.000 Dollar teure Bericht ist eines der ersten Ergebnisse des Qualitätssicherungsteams.

Typisch für die Fehlplanung sind weit überdimensionierte oder schlecht überlegte Investitionen in die Infrastruktur: So würden Straßen von der Bank geplant und bezahlt, ohne daß klar sei, ob der Kreditnehmer anschließend in der Lage sei, sie ins Verkehrsnetz des Landes einzubinden oder die Pisten zu unterhalten. Bewässerungsprojekte gingen von viel zu großen Wasserleitungssystemen und zu hohen Ernten aus. Viele Vorhaben würden zu kompliziert angelegt. Die jüngsten Versuche der Bank, dem Druck unterschiedlicher Interessengruppen nachzukommen, hätten zu einer Waldpolitik geführt, deren verschiedenen Ziele gar nicht mehr unter einen Hut zu bringen seien.

Vor zwei Jahren war Wolfensohn mit dem Ziel angetreten, die institutionellen Probleme der Bank zu beheben und sie zu einer effizienteren und für die Schuldnerländer wirkungsvolleren Einrichtung zu machen. Kein einfacher Job: Schon vor gut einem Jahr hatte der ehemalige Chef einer Privatbank seinem Management Versagen und Blockaden vorgeworfen.

Heffa Schücking von der Dritte- Welt-Organisation Urgewald gibt Wolfensohn ein schlechtes Zeugnis. Die Probleme hätten sich „während Wolfensohns Präsidentschaft weiter verschärft“. Tatsächlich heißt es auch im internen Weltbankbericht, daß nur wenige der Kritikpunkte neu sind – es stelle sich die Frage, warum bislang kaum Verbesserungen in Angriff genommen wurden.

Auch bei der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen seien die Weltbank-Manager oft „zu optimistisch und schlagen ambitiöse Projekte vor, die anschließend nicht umgesetzt werden können“. Dieser Fehler sei zwar aus vielen gescheiterten Projekten bekannt. Doch der verordnete Optimismus führe dazu, daß diese Erkenntnis vergessen werde. „Institutionelle Amnesie ist die zwangsläufige Folge des institutionellen Optimismus.“ Zu allem Überfluß würden Fehlentwicklungen nicht sofort korrigiert. Wenn die Probleme nach Jahren schließlich nicht mehr zu übersehen seien, sei es zu spät, noch wirkungsvoll umzusteuern. Hermann-Josef Tenhagen