■ Dickes Lob für die Industrie
: Bohl fällt Merkel beim Klima in den Rücken

Bonn (taz/dpa) – Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft zum Klimaschutz sei „erfolgreich“ angelaufen, lobte gestern Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) in Bonn. Falls sie weiterhin so zufriedenstellend verlaufe, werde die Bundesregierung zusätzliche Maßnahmen – etwa zur Wärmenutzung und der Energiebesteuerung – aussetzen. Damit fällt Bohl seiner Kabinettskollegin Angela Merkel in den Rücken: Weil sie mit den bisherigen Maßnahmen nur rund 15 bis 17 Prozent Verringerung der klimaschädlichen Gase bis 2005 erreichen kann, das Regierungsziel aber minus 25 Prozent lautet, hatte Merkel vor einer Woche noch angekündigt, bei der Industrie nachverhandeln zu wollen. Nun beraubt Bohl durch seinen Schulterschluß mit BDI-Chef Hickel auf der gestrigen Pressekonferenz Umweltministerin Merkel jeden glaubwürdigen Drohpotentials gegenüber der Industrie. Prompt schob der BDI-Chef Hans-Olaf Henkel gestern gleich nach, der Wirtschaft seien zusätzliche Anstrengungen nicht mehr zuzumuten.

Immerhin hat die Wirtschaft ihre Selbstverpflichtung bereits zu zwei Dritteln erfüllt. Insgesamt hat sie versprochen, den Kohlendioxidausstoß um 20 Prozent bis 2005 zu mindern. Aber dieser Wert gilt nicht absolut gerechnet, sondern nur bezogen auf die produzierte Tonne. Da aber die Produktion steigt, fällt die Reduktion praktisch viel kleiner aus. So senkte die Chemie ihren Ausstoß pro Tonne seit 1990 zwar um 22 Prozent, produzierte aber zwölf Prozent mehr Waren. Zweiter Trick: Einen Teil der Reduktion verdankt die Branche dem Zusammenbruch im Osten und der Verlagerung energiehungriger Produktionssparten ins Ausland. urb