HipHop trifft auf Humanismus

■ Mit den ehrenwerten Jungle Brothers meldet sich in der Fabrik das Gewissen der Szene zurück

Die Jahre um 1990 waren die goldenen Zwanziger des HipHop, gerade aus europäischer Sicht. In dieser Zeit entwickelte das bis dato enggesteckte Genre eine Exkursionsfreude, die der rocksozialisierten europäischen Jugend den Einstieg erleichterte. Auslöser dafür waren die Native Tongues, ein Schulterschluß verschiedener Bands unter dem Banner guter Musik und guter Politik – Zulu Nation, Edutainment und Flow dienten hier als Schlüsselbegriffe. Doch nicht nur die Musik öffnete sich, auch die Stimmung entspannte sich und brachte Toleranz und Fortschritt in eine vormals hauptsächlich derb-sexistische Welt. A Tribe Called Quest, De La Soul oder Jungle Brothers standen für Peace, Respect und nichtendenwollende Diskussionen, in die auch der Rest der Welt einbezogen wurde.

Doch seit dem Siegeszug des Rolemodels „Gangsta“, seit Dr. Dre und dem Wu-Tang Clan ist ohne slicke Coverversionen oder hartkernigen Symbolismus keine Mehrheit zu bekommen. Seitdem verhallt der Zwischenton. Auch die Jungle Brothers können ein trauriges Lied davon singen, denn nie haben Africa Baby Bambaata, Sammy B. und Mike G. die Tendenzen zur Gewalt aufgegriffen – und sei es nur spielerisch-affirmativ, wie es die Gravediggaz tun, eine ebenfalls aus Freigeistern der späten Achtziger zusammengesetzte Gruppe, die ursprünglich als Support auf dieser Tournee fungieren sollte. So standen die Jungle Brothers kurz vor dem Aus, besonders da der Zeitenwandel mit ihrer bis dato experimentellsten Platte zusammenfiel, die erst nach grundlegenden Überarbeitungen erscheinen konnte – und die sie letztlich ihren Plattenvertrag kostete.

Doch 1997 heißt es, zu vergessen und dort anzusetzen, wo die Zeiten gut waren, bei Straight Out Of The Jungle und Done By The Forces Of Nature, den beiden Klassikern. Raw Deluxe, die wohltemperierte Rückkehr des afrozentrischen Trios, ist „Quality HipHop“. „Wir wollen Glück“, beschwört Mike G. „Wir wollen kein hartes Leben, Probleme, Arbeit. Realität ist, was du daraus machst. Wenn du positive Vibrations gibst, wirst du positive Vibrations zurückbekommen.“

Die Familie steht allerdings in dieser Glücksfindung hintenan. „Die Zeit, wo die Native Tongues gemeinsam erstrahlen, wird wieder kommen. Jetzt muß erstmal jede einzelne Band ihre Sache klarkriegen.“Der Geschmack der Stunde möge ihnen dabei hold sein.

Holger in't Veld

Sa, 22. November, 21 Uhr, Fabrik