Wütende Studenten erhöhen den Druck

■ Akademischer Senat der FU vertagt Sitzung. Vollversammlung der HU kündigt Unterstützung der bundesweiten Vorlesungsboykotte an

Die Selbstamputation der Freien Universität ist gestern ausgefallen. Rund 200 Studierende verhinderten eine Sitzung des Akademischen Senats (AS), der einen neuen Entwicklungsplan der Dahlemer Uni beschließen sollte. Inhalt: Der Abbau von einem Drittel der Professuren.

Der Einsatz von Wachschutz und Polizei konnte die Studentenproteste gestern nicht verhindern. Zwar verweigerte FU-Präsident Johann Gerlach den Studierenden zunächst den Zutritt. Die Studentenprotestler drängten sich aber dennoch in den Sitzungssaal im Henry-Ford-Bau. Gerlach verschob daraufhin das Treffen des AS. Das höchste Uni-Gremium soll nun an einem geheimen Ort tagen. Auf der Tagesordnung wird dann eine folgenreiche Vorlage stehen. Die Entwicklungs- und Planungskommission der FU will die Zahl der Professuren von derzeit 600 auf rund 360 abbauen.

Der Asta der FU kritisierte, daß die Freie Universität damit die Kürzungsvorgaben der Politik exekutiere. Der Präsident mache sich damit zum willigen Vollstrecker des Berliner Senats. Die Halbierung der Zahl der Professuren sei nicht hinnehmbar, erklärten die Studentenvertreter.

Am heutigen Donnerstag wird sich im Hörsaal 1 der Silberlaube eine studentische Vollversammlung mit dem geplanten Bildungsabbau befassen. Motiviert durch die Vorlesungsboykotte in Städten wie Köln, Gießen oder Frankfurt am Main fand gestern auch an der Humboldt-Uni eine Vollversammlung statt. Die Mehrheit der rund 300 HumboldtianerInnen sprach sich gegen einen sofortigen Uni- „Streik“ aus. Die Vollversammlung verabschiedete statt dessen eine Soli-Adresse, in der es heißt: „Die HU solidarisiert sich mit den Streiks im gesamten Bundesgebiet und kündigt ihre Unterstützung an.“ Die StudentInnen bildeten Arbeitsgruppen, die bis zur nächsten Vollversammlung (kommenden Mittwoch) einen Forderungskatalog ausarbeiten sollen. Des weiteren sollen Aktionstage organisiert werden. Auch Fachbereichsvernetzungen unter den einzelnen Unis werden angestrebt.

Anlaß der VV an der Humboldt-Uni waren die im April vom Senat beschlossenen Hochschulrahmenverträge, die Einsparungen von 950 Millionen Mark bis zum Jahr 2003 vorsehen. Das entspricht dem Gesamtetat der Technischen Universität, also der Abwicklung einer kompletten Universität. In ersten Redebeiträgen forderten Studierende der HU zu sofortigen Streiks und Aktionen auf. „Wir müssen weg von diesem Schmusekurs“, hieß es. Andere RednerInnen warnten vor Schnellschüssen und kurzsichtigen Aktionen. Diese hätten im letzten Jahr nur geringe Wirkung gehabt. Ein Erstsemestler mahnte, „daß zuerst Forderungskataloge“ aufgestellt werden sollten. Eine aus Frankfurt angereiste Studentin plädierte für bundesweite und von den Universitäten gemeinsam abgesprochene Aktionen. Nur so könne man Druck auf die Regierung ausüben. es/cif