Stoff von der Polizei

■ Länderinnenminister diskutieren, ob Behörden TV-Crimeshows versorgen sollen

„Vergessen Sie nie, daß Sie etwas tun können“, sagt Michael Weber mit sonorer Pastorenstimme. Weber ist „Fahndungsakte“-Moderator auf Sat.1. Gerade lief ein Beitrag über den „Klebeband-Killer“: „Waltraud S. mußte sterben, bevor sie den Lohn ihrer ehrlichen Arbeit genießen konnte“ — und ein Kriminaloberst beschreibt die nicht vorhandenen Merkmale des Gangsters. Die Zusammenarbeit der Polizei mit der von Ulrich Meyer produzierten Sendung klappt bestens. Doch wie lange noch?

Heute und morgen tagt die Innenministerkonferenz der Länder, und sie muß sich damit beschäftigen, ob und unter welchen Bedingungen die Polizei mit der „Fahndungsakte“ und ähnlichen Sendungen weiterhin zusammenarbeiten soll. Baden-Württemberg verlangt eine einheitliche Regelung, an die sich die Behörden halten sollen. Der dortige Ministeriumssprecher Dieter Wiesinger hält die Fernsehfahndung in Einzelfällen für durchaus sinnvoll, nur müsse „die Form zuvor festgelegt sein“. Der Opferschutz habe im Vordergrund zu stehen.

Solche Probelme gab es früher nicht. Eduard Zimmermann hielt sich stets an die Vorgaben der Polizei, die Beamten waren über die Unterstützung froh, und die Zuschauer fühlten sich wohl mit dem Amtsstubenflair von „Aktenzeichen XY“. Im Studio von Jungstar Michael Weber wird indes vor allem die Quote gejagt, und deshalb muß Blut fließen. Kinderschänder, Prominentenentführer und Pumpgun-Mörder werden bevorzugt, und die Polizei liefert der Crimeshow den Stoff. Sollen Behörden dem Action-Magazin sogar durch Anwesenheit ihrer Mitarbeiter Authentizität verleihen?

Sat.1-Sprecher Dieter Zurstraßen ist optimistisch: „Das, was wir machen, ist vollkommen unspektakulär“, sagt er, „unser Konzept fußt auf einer Zusammenarbeit mit der Polizei.“ So falsch ist das nicht. Viele Uniformträger sind froh, endlich einmal im Fernsehen auftreten zu dürfen. Denn auch das hat es bei Ede Zimmermann nicht gegeben. Carsten Otte