Japanische Banken ohne Staatsschutz

Premier Hashimoto möchte die maroden Banken des Landes lieber doch nicht aus seinen leeren Kassen sanieren. Die Börsenkurse fallen und werden dies bis zu einem staatlichen Konzept gegen die Krise weiter tun  ■ Aus Tokio Andreé Kunz

Investoren flüchteten gestern wie aufgescheuchte Hühner aus japanischen Geldanlagen, nachdem sie noch am Dienstag auf einer großen Kaufwelle geritten waren. So hat der Nikkei-Index seit Montag eine Achterbahnfahrt hinter sich, wie er sie seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Hinter diesen wilden Ausschlägen steht die Sorge um die japanische Konjunktur und die schwelende Bankenkrise.

Denn nichts läuft mehr so, wie sich das die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) noch vor einem halben Jahr vorgestellt hatte. Kopfweh bereitet wieder die Finanzindustrie. Erst am Montag war eine der zehn größten Banken Japans in Konkurs gegangen. Premier Ryutaro Hashimoto kündigte flugs an, daß er „den Bankensektor mit der Infusion öffentlicher Gelder retten“ wolle. Er denke an die Nutzung öffentlicher Fonds. Auch am Dienstag hieß es noch, in Not geratene Geldhäuser könnten auf staatliche Hilfe zählen. Diese Nachricht wurde von Börsianern mit Beifall aufgenommen, kam sie doch einer generellen Konkursversicherung für Banken gleich.

Die Euphorie war verfrüht. Das merkten die Anleger gestern. Denn Premier Hashimoto dementierte mit Nachdruck, daß Pläne für eine solche „staatliche Garantie“ gefaßt seien. Die nervösen Börsenhändler in Tokio drehten die Daumen und brüllten: Verkaufen. Der Nikkei-Index sackte mit 884 Punkten Verlust wieder unter die für japanische Finanzinstitute sensible Grenze von 16.000 auf 15.842 Punkte ab.

Der Rausch vom Wochenbeginn, als der Nikkei in zwei Tagen um 1.800 Punkte rekordverdächtig haussierte, endete mit einem Hangover. Überraschend ist dies keinesfalls. Hashimoto hatte inzwischen in seinen Haushalt geguckt. Denn nicht nur die Finanzindustrie steckt in Nöten, sondern die gesamte Konjunktur.

Die Regierung feilt an einem Stimulierungsprogramm für die Konjunktur. Das am Dienstag vorgestellte war jedoch wieder enttäuschend, weil es kurzfristig nicht als Motor für die zur Rezession neigende Konjunktur dient. Die LDP beharrt nämlich weiter darauf, mit einer Sparrunde erst das Haushaltsdefizit zu verringern. Sie wehrt sich vehement gegen Steuererleichterungen, die von Wirtschaftsvertretern gefordert werden, um den Konsum anzukurbeln. Der erneute Fall der Börsenkurse und die Yen-Abwertung gegenüber dem Dollar könnte Hashimoto aber zum Handeln zwingen. Für den 10. Dezember hat er bereits ein drittes Konjunkturpaket angekündigt. Darin könnte er tatsächlich Steuerleichterungen gewähren und mit einem zuverlässigen Programm für die Sanierung der Finanzindustrie aufwarten.