■ Kassenärzte reagieren auf Proteste
: Angeklagter Frauenarzt nicht mehr im Notdienst

Kaufbeuren (taz) – Die Proteste gegen einen Gynäkologen in Kaufbeuren, der trotz einer Anklage wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern und Jugendlichen weiterhin als Arzt praktiziert, zeigen Erfolg: Die Kassenärztliche Vereinigung Schwaben will ihn nun nicht mehr zum gynäkologischen Notdienst einteilen, solange das Verfahren gegen den 47jährigen Frauenarzt schwebt. Es sei durchaus verständlich, daß sich Frauen gegen eine solche Einteilung wehren, sagte der Vorsitzende der Vereinigung, Werner Melcher. „Schließlich könnten in einem solchen Fall Patientinnen keinen Einfluß darauf nehmen, wer sie behandelt.“

Die verspätete Reaktion der Kassenärztlichen Vereinigung auf den Fall, der in der schwäbischen Stadt heftige Proteste ausgelöst hatte, erklärte Melcher damit, daß ihm das ganze Ausmaß der Angelegenheit erst durch die Berichterstattung in den Medien bekanntgeworden sei. Melcher äußerte seine Verärgerung darüber, daß er von seinen Kollegen aus Kaufbeuren nicht hinreichend informiert worden sei. Auch von seiten der Staatsanwaltschaft seien der Vereinigung keinerlei Informationen zugegangen.

Die taz hatte gestern über den Fall berichtet. Gegen den Frauenarzt ist in fünf Fällen des sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen, darunter auch von einem Kind, Anklage erhoben worden. Nicht unerheblich für die Reaktion der Kassenärztlichen Vereinigung könnte auch die subtlie Drohung der Staatsanwaltschaft sein, die Vereinigung zur Verantwortung zu ziehen. Der Leitende Oberstaatsanwalt Günther Meltendorf hatte gegenüber der taz anklingen lassen, daß bei einem erneuten Vergehen des Arztes geprüft werden müsse, ob mit der erfolgten Regelung des Notdiensts ein strafbares Verhalten vorliege. kw