Hohe Flexibilität bei weniger Lohn

■ Großbritannien „fördert“ junge Arbeitslose durch Jobzwang, in den Niederlanden ist der Anteil der Teilzeitjobs gewachsen

Mehr Teilzeitjobs, größere Lohnunterschiede und mehr Druck auf Langzeitarbeitslose, Jobs anzunehmen. Das sind die Rezepte gegen Arbeitslosigkeit, die in den EU-Ländern dominieren. Der Staat als Arbeitgeber soll nur noch eine geringe Rolle spielen. Nur Frankreich bildet eine Ausnahme. Dort sollen in der nächsten Zeit im öffentlichen Dienst für junge Arbeitslose rund 350.000 staatlich finanzierte Stellen geschaffen werden. Die Jobs als HilfserzieherIn, FahrgastbetreuerIn oder SozialhelferIn sind auf fünf Jahre befristet und werden nach dem Mindestlohn bezahlt. Bange Frage: Was kommt danach?

Großbritannien wählt den härteren Weg. Labour-Schatzkanzler Gordon Brown hat ein Beschäftigungsprogramm aufgelegt, von dem ab 1998 rund 180.000 junge Männer und Frauen profitieren sollen, die schon länger als sechs Monate ohne Arbeits- und Ausbildungsplatz sind. Unternehmen, die die jungen Leute einstellen, erhalten von der Regierung bis zu einem halben Jahr lang einen Zuschuß von 174 Mark in der Woche. Wer Langzeitarbeitslose im Alter von über 25 Jahren übernimmt, bekommt 220 Mark in der Woche.

Gleichzeitig läßt Brown „Arbeitstrupps“ für die Landschaftspflege zusammenstellen. Wer von den jungen Leuten oder Langzeitarbeitslosen sich weigert, eine der angebotenen Tätigkeiten aufzunehmen, dem wird die Sozialhilfe gekürzt. Gleiches soll ab Herbst nächsten Jahres für Alleinerziehende mit Schulkindern gelten.

Die „New Labour“-Regierung argumentiert ganz offen damit, daß mit diesem Jobzwang mittelfristig auch Geld gespart werde. Schlichtweg durch Abschreckung. In Dänemark beispielsweise, wo junge Arbeitslose rigide in Programme gedrängt werden, suchen sich die meisten Betroffenen dann doch lieber selbst einen Job.

Holland ist stolz darauf, auch ohne große Beschäftigungsprogramme die Arbeitslosigkeit gedrückt zu haben. In den Niederlanden sind inzwischen 36 Prozent der Stellen Teilzeitjobs, zumeist in Dienstleistungen. Die Erwerbstätigkeit der Frauen stieg, während die der Männer leicht sank. Jahrelange Lohnzurückhaltung und hohe Arbeitszeitflexibilität hat die Schaffung neuer Teilzeitjobs, etwa in Call-Centers, begünstigt. Für eine Wirtschaft wie in der Bundesrepublik sind sinkende Reallöhne aber ein zweifelhaftes Rezept. Denn im Gegensatz zu Holland hängt bei uns die wirtschaftliche Leistung zum größeren Teil von der Binnenwirtschaft und damit von der Kaufkraft ab und nicht vom Export und Import. Barbara Dribbusch