Das Gipfelmenü ist Geschmackssache

■ Sobald es bei den avisierten Beschäftigungsprogrammen um konkrete Zahlen geht, bekommen einige Mitglieder kalte Füße

Im Mittelpunkt des Gipfels wird ein 19-Punkte-Programm der Luxemburger Regierung stehen, mit dem die Arbeitslosigkeit in der EU deutlich verringert werden soll. Die Luxemburger führen derzeit turnusgemäß die Geschäfte in der EU. Die meisten dieser 19 Forderungen sind unumstritten und werfen lediglich die Frage auf, warum die 15 EU-Regierungen das bisher noch nicht selbst gemacht haben: Die Lohnnebenkosten sollen runter, die Behörden sollen Investoren mit ihren Verwaltungsprozeduren weniger nerven, kleine und mittlere Unternehmen sollen leichter an Risikokapital kommen, die Aus- und Fortbildung von Jugendlichen soll verbessert werden.

Die europäische Dimension des 19-Punkte-Programms besteht im wesentlichen darin, daß die EU- Kommission jedes Jahr einen Bericht über die Fortschritte in den einzelnen Ländern vorlegt. Darin wird dann etwa stehen, ob die Bundesregierung die Verwaltungsprozeduren wirklich vereinfacht, die Lohnnebenkosten gesenkt und die Langzeitarbeitslosen ordnungsgemäß reaktiviert hat. Daß die EU- Kommission solche blauen Briefe verschicken wird, haben die EU- Regierungen bereits im Juni in Amsterdam beschlossen. In Luxemburg geht es nun darum, die Kriterien festzulegen, nach denen die Noten vergeben werden sollen.

Einige Regierungschefs hoffen auf die heilsame Wirkung des Zwangs und wollen deshalb konkrete Beschäftigungsziele beschließen, andere fürchten, alljährlich von den Zeitungen vorgeführt zu werden. Die Bundesregierung gehört zur zweiten Gruppe und bemüht sich deshalb, die Kriterien zu verwässern. Einig sind sich die Regierungschefs, daß es jedem Land selbst überlassen bleibt, wie es die Beschäftigungsziele erreichen will. Für mehr gemeinsame europäische Initiativen ist derzeit außer Belgien kaum jemand zu haben.

Die auch für eine sinnvolle Beschäftigungspolitik notwendige Steuerharmonisierung oder gar eine EU-weite Ökosteuer, wie sie die Grünen fordern, hat keine Fürsprecher. Im 19-Punkte-Katalog kommt sie nur verschlüsselt vor als Möglichkeit zur Reduzierung der Lohnnebenkosten. Natürlich werden die Regierungschefs neue Finanzmittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beschließen. Sie werden der Aufforderung des Europaparlaments nachkommen und für die nächsten drei Jahre je 300 Millionen Mark aus dem EU- Haushalt für die Europäische Investitionsbank EIB frei machen. Die EIB soll damit vor allem kleineren und mittleren Unternehmen mehr Risikokapital leihen, für das die Normalbanken zu schnöselig sind. Alois Berger