Endlich: Nazis gegen rechts! Von Wiglaf Droste

Als Manfred Kanther vorschlug, Zivildienstleistende künftig auch im Polizeidienst einzusetzen, gab es wütende Proteste – von seiten der Polizei allerdings. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung verwahrte sich der Polizeigewerkschafter Lutz gegen ein solches Ansinnen: Schließlich lägen in Polizeidienststellen auch vertrauliche Akten herum, zu denen Zivildienstleistende dann Zugang hätten. Einem Zivildienstleistenden aber sei nicht ohne weiteres zu trauen, monierte Lutz – was aus seinem Mund ein Kompliment ist, auch wenn er das nicht weiß.

Bei all dem Gerede darüber, daß Zivildienstleistende den Polizeidienst möglicherweise humanisieren könnten, so wie das vor ihnen schon die Frauen getan hätten, vergaß der Interviewer der SZ, Heribert Prantl, den entscheidenden Punkt: daß man nicht den Kriegsdienst verweigert, um eine Uniform anzuziehen und bei der Polizei Kriechdienst zu leisten. Sonst könnte man auch gleich die Losung ausgeben: Verweigern, um zum Bund zu gehen – kritische Rekruten treten an und schießen nur unter Vorbehalt; sie erhalten die Bezeichnung „Mörder mit Abitur und Gewissen“.

Von ähnlicher Klugheit wie Kanthers Vorstoß ist die Ankündigung des Verteidigungsministers Volker Rühe, er wolle den Rechtsextremismus in der Bundeswehr bekämpfen – ebensogut könnte man erwägen, Killerkommandos islamischer Fundamentalisten durch mehr Koranschulen zu verhindern. Es ist schon faszinierend, mit welcher Hingabe sich der Bock Rühe immer wieder zum Gärtner andient. Starrsinnig litaniert er, ein paar schwarze Schafe gebe es überall, und im übrigen seien Rechtsextremisten weniger durch die Bundeswehr geprägt als durch die Gesellschaft. Wenn es ihnen in den Kram paßt, greifen auch Soldaten und ihre Minister zur sonst verschmähten Soziologie (wenn auch nur zur vulgären).

Da Rechtsextremismus in der Bundeswehr aber hausgemacht ist, tautologisch quasi, kann aus Volker Rühes Idee nichts werden. Sein Laden wird auch weiterhin Leuten, die gerne perfekte Nazis werden möchten, dazu Gelegenheit geben und sie zu allem ausbilden, was Nazis so brauchen: Mord und Totschlag, Brüllen in der Meute, Befehle ausführen, quälen, foltern, vergewaltigen – Soldatenhandwerk eben. Das bißchen zusätzliche nazispezifische Ideologie können sich die Jungs in ihrer Freizeit draufschaffen. Da aber Volker Rühe bockig auf einem guten Ansehen der Bundeswehr besteht, bleibt ihm nur eins: Er läßt Handzettel drucken, die seine Leute, wenn sie zum Aufklatschen losziehen, vorher an die anschließend von ihnen Mißhandelten verteilen:

„Sehr geehrte(r) Herr/Frau Opfer, bitte bedenken Sie, daß die nun auf Sie zukommenden Dinge keineswegs auf Befehl oder mit Wissen eines Vorgesetzten bei der Bundeswehr geschehen, sondern daß die jungen Soldaten hier ganz individuell staatsbürgerlich handeln, auf eigene Faust quasi (kleiner Scherz am Rande: Lachen ist die beste Medizin). Ich muß Sie daher ersuchen, öffentliche Klagen über das Verhalten von Bundeswehrangehörigen zu unterlassen, da ich Sie sonst wegen Verleumdung und Verächtlichmachung einer staatlichen Institution belangen müßte. Ich hoffe auf Ihr Verständnis und verbleibe mit freundlichen Grüßen: Ihr Volker Rühe.“