Lizenz zum Tönen

■ Endlich eine eigene Frequenz für Hamburgs freie Radiomacher. Doch wieder nur eine geteilte

Die Stimmung in dem Sendestudio im Hamburger Szene-Mekka Schanzenviertel war am Mittwoch abend wieder einmal gedrückt. Zwar bekamen die Radio-Aktiven des Freien Sender Kombinats (FSK) nach langen Jahren endlich eine eigene Frequenz zugesagt. Doch die ersehnte Vollfrequenz ist es wieder nicht. Nach mehrstündiger Sitzung hatte der Vorstand der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM) entschieden, daß sich FSK die ausgeschriebene Radiofrequenz 93,0 mit der „Anbietergemeinschaft Hamburger Lokalradio“ teilen muß, die jeden Sonntag auf Sendung gehen darf. Deren Mitglieder hatten im Vorfeld eine Kooperation mit dem basisdemokratisch organisierten FSK-Verbund abgelehnt. Diese Regelung, heißt es bei der HAM, solle jedoch nur „übergangsweise“ gelten – in zwei Jahren soll es dann endlich eine Vollfrequenz für FSK geben. „Dieser Beschluß zerstört unsere geplante Programmstruktur“, meckert FSK-Geschäftsführer Erhard Wohlgemuth.

Bereits Anfang der achziger Jahre hatten Radiofreaks das Radio St. Pauli gegründet und verhement eine eigene Frequenz gefordert. Doch immer wieder lehnte Hamburgs Senat die Lizenz zum Tönen für nichtkommerzielle Radioinitiativen ab. Dabei hatten Hamburgs Sozialdemokraten zur Besänftigung ihrer linken Basis extra ein „Zweisäulenmodell“ im Rundfunkgesetz installiert, als sie den Privatfunk zu erlauben begannen, zu Zeiten, als andere SPD- Länder dagegen noch heftig opponierten. Doch die darin vorgesehenen „gemeinnützigen“ Radios waren ebendies von Anfang an kaum, so das der Passus bald in Vergessenheit geriet und irgendwann später abgeschafft wurde.

Die Radioinitiativen hingegen kamen nur in Trippelschritten ihrem Ziel näher. Anfang der 90er Jahre konnten sich acht in der AG Radio organisierte Projekte die ersten festen Sendestunden im Offenen Kanal ergattern. 1994 dann, Jahre nach der Abschaffung des berüchtigten Zweisäulenmodells, bestimmte dann eine Novelle des Mediengesetzes, daß es eine Welle für die Non-profit-FunkerInnen geben sollte.

Fast zeitgleich spendierte die Hamburger Medienstiftung dem inzwischen in FSK umbenannten Radioverbund 95.000 Mark für ein Produktionsstudio samt Mischpult, Sendekonsole und Bandmaschinen. Doch die Sendelizenz ließ weiter auf sich warten. Erst im Dezember 1995 bekam das FSK von der HAM eine erste kleine Frequenzluke. Seit März 96 senden die RadiomacherInnen vom Schulterblatt nun gemeinsam mit dem Deutschlandradio auf der Frequenz 89,1. Senatskanzleichef Thomas Mirow, inzwischen zum Hamburger Wirtschaftssenator aufgestiegen, hatte dem Verbund nur 25,5 Stunden Sendezeit pro Woche zugebilligt, weil er Kombinatsmitgliedern nicht zutraute, mehr Programm auf die Beine zu stellen. Dabei hatten die zahlreichen Independent-Musikprogramme und die Informationssendungen des FSK bei Hörern und Öffentlichkeit erstaunliche Anerkennung gefunden.

Damit ab Januar zumindest sechsmal pro Woche rund 18 Stunden Programm täglich gesendet werden können, wurden die Räume nahe dem autonomen Stadtteilzentrum „Rote Flora“ vor einigen Wochen in eine Baustelle verwandelt, um ein zweites Studio zu bauen. Das größte Problem bereitet den RadiomacherInnen die Finanzierung des neuen Programms. „Selbst wenn wir uns keine Mark zahlen, brauchen wir knapp 20.000 Mark pro Monat“, hat Erhard Wohlgemuth errechnet. 1.000 Fördermitglieder spenden bislang jeweils zwischen fünf und zehn Mark pro Monat als eine Art alternative Rundfunkgebühr. Doch 1998 müssen weitere 1.000 Zahler her, um den Sender zu finanzieren. Marco Carini