Immer wieder klagen

■ betr.: „Der Bund am Scheideweg“, taz vom 15.11. 97

Selbst wenn Traute Kirsch vom BUND Nordrhein-Westfalen zu pointiert und ziemlich keß argumentiert hat: Wurde hier nicht ein bißchen zu sensationell aufgemacht? Andererseits kann so ein Paukenschlag, um die überfällige Diskussion in Gang zu bringen, nichts schaden. Im Bereich von Grundgesetz/Atomrecht ist das im Grunde ja nicht viel anders als jene deftige Richter-, Urteils- und Gerichtsschelte, die im Falle der Urteile zu Sitzblockaden, Soldaten/ Mörder und Kruzifix in bayerischen Schulen sogar von höchsten Repräsentanten bundesdeutscher Verfassungsorgane bis hin zu Bundeskanzler Kohl ganz massiv am höchsten deutschen Gericht geübt worden ist.

Auch wenn beim „Weiter so, nun im Atomrecht!“ nicht so geschliffen formuliert wurde, wie das unsere auf Heerscharen von Juristen und Propagandisten/Publizisten gestützten Staatsmänner können: Den Finger auf die Wunde Atomrecht in der höchsten Rechtsprechung zu legen, war überfällig. Auch wenn es weh tut. Das soll's ja.

Natürlich hätte das höchste deutsche Gericht deftige Urteilsschelte schon 1978 für sein sogenanntes Kalkar-Urteil verdient. (BVerfGE 49, 89). Das einzige, was den damaligen Richtern zugute gehalten werden kann: Die Atomkatastrophen von Tschernobyl 1986 und in dem für westliche Atomkraftwerke viel bedenklicheren „Fall“ Harrisburg 1979 im atomaren „High-Tech-Land“ USA fanden erst nach dem Kalkar-Urteil von Karlsruhe statt. Insofern ist dem rechtspolitischen Bundessprecher des BUND, Christian Schrader, zuzustimmen: klagen, klagen und immer wieder klagen. Die heutigen Richter in Karlsruhe sind nach Tschernobyl und Harrisburg bestimmt schlauer als ihre Kollegen, die 1978 ein für Atomstaat und Atomlobby äußerst hilfreiches Urteil, zumindest aus der Sicht nach Tschernobyl und nach Harrisburg, am Grundgesetz Art. 2 Abs. 2 vorbeigemogelt haben.

Hoffentlich hält die taz diese Problematik nun „am Kochen“! Hans Grossmann, Maintal