„Wir würden sofort wieder in den Krieg ziehen“

■ Der Vorsitzende der Serbischen Radikalen Partei in der bosnisch-serbischen Teilrepublik, Nikola Poplasen, über die Wahlen, den Vertrag von Dayton und sein Projekt eines großserbischen Staates

taz: Die Serbische Radikale Partei war in Serbien sehr erfolgreich, ihr Vorsitzender Vojislav Šešelj ist knapp daran gescheitert, serbischer Präsident zu werden. Was erwarten Sie von den Wahlen in der „Republika Srpska“?

Nikola Poplasen: Wir hoffen, mit einem Drittel der Stimmen stärkste Kraft zu werden. Auch wenn wie von den Medien blockiert werden und keinen Zugang zum staatlichen Fernsehen haben.

Wie grenzen Sie sich von der Serbischen Demokratischen Partei von Radovan Karadžić (SDS) und der Serbischen Volkspartei von Biljana Plavšić ab?

Wir waren immer in der Opposition, wir haben lange die Politik der SDS unterstützt. Seit dort die Kriminellen großen Einfluß haben, sind wir auf Distanz gegangen. Die Plavšić-Partei SNS ist uns zu kompromißbereit. Wir treten ein für Privatwirtschaft, wir wollen einen legalen und sauberen Staat.

Wie werden Sie, im Falle einer Regierungsbeteiligung, das Abkommen von Dayton umsetzen? Wollen Sie mit der internationalen Gemeinschaft kooperieren?

Wir sind dagegen, das Dayton- Abkommen zu revidieren. Wir wollen die Souveränität der Republika Srpska wahren. Deshalb wenden wir uns gegen die Politik von Biljana Plavšić, die unsere Republika Srpska gespalten hat. Wir verlieren unsere Armee, die Medien und unsere Freiheit. Niemand soll sich von außen in unsere Angelegenheiten einmischen.

Auf der Konferenz in Bonn Anfang Dezember wird ein noch stärkeres Mandat der internationalen Gemeinschaft diskutiert.

Biljana Plavšić erklärte, sie werde dieses Dokument nicht unterschreiben, alle anderen auch nicht, da sind wir uns einig. Eine Revision von Dayton wird es mit uns nicht geben. Wenn wir stärker als die USA wären, würden wir sofort wieder in den Krieg ziehen.

Für Sie bedeutet Dayton, daß die Republika Srpska als ein unabhängiger Staat anerkannt ist?

Die Unabhängigkeit wurde uns dort zugesagt. Im ganzen ist es ein Dokument mit vielen Widersprüchen. Das Abkommen ist ein Kompromiß zwischen den USA und den europäischen Mächten. Die Europäer haben verloren, die nationalen Interessen der Serben wurden unterbewertet.

Im Abkommen geht es aber auch um die Menschenrechte, die durch die „ethnischen Säuberungen“ verletzt worden sind.

Bei Menschenrechten müssen Sie beachten, daß das serbische Volk in mehreren Volksentscheiden gezeigt hat, daß es in einem Staat leben will. Das sind kollektive Menschenrechte. „Ethnische Säuberungen“ hat es auf serbischer Seite nicht gegeben.

Wirklich? Sie wollen nicht wahrhaben, daß der nationalistische Extremismus nicht nur zu Verbrechen gegenüber anderen führt, sondern auch in die Niederlage des eigenen Volkes.

Der Nationalismus ist keine falsche Idee. Das 21. Jahrhundert wird sogar das Jahrhundert des Nationalismus werden. Es geht in Europa um einen Kampf zweier Zivilisationen, der westlich-katholischen und der östlich-orthodoxen. Ich werde mir vom Westen nicht vorschreiben lassen, was ich unter Freiheit zu verstehen habe. Ich will die Vereinigung aller Serben in einem Staat. Interview: Erich Rathfelder