Sieben Herausforderer – null Chancen

■ Bei den Präsidentschaftswahlen in Slowenien dürfte morgen Amtsinhaber Kučan wiedergewählt werden. Seine Bilanz ist gut

Berlin (taz) – Milan Kučan, Staatschef von Slowenien, sieht sich schon als sicherer Sieger. Tatsächlich hat der 56jährige ehemalige Vorsitzende der kommunistischen Partei bei den morgigen Präsidentschaftswahlen die allerbesten Chancen, in seinem Amt bestätigt zu werden. Glaubt man den letzten Umfragen der Medien in der Hauptstadt Ljubljana, könnte Kučan bis zu 58 Prozent der Stimmen einfahren.

Kučan, der bei den ersten Präsidentschaftswahlen im unabhängigen Slowenien vom Dezember 1992 gleich im ersten Durchgang auf 64 Prozent der Stimmen kam, verkörpert für viele Slowenen den friedlichen Übergang zu Demokratie und Marktwirtschaft. „Er gilt als Symbol der Stabilität, der einen reibungslosen Übergang vom Sozialismus garantiert hat“, sagt Igor Luksić, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität von Ljubljana.

In der Tat: Die Bilanz des Zwei- Millionen-Einwohner-Staates, dessen Unabhängigkeit am 26. Juni 1991 eine zehntägige Auseinandersetzung mit „nur“ 64 Toten vorausgegangen war, kann sich sehen lassen. Mit einer Arbeitslosenquote von 14,4 Prozent steht Slowenien im Vergleich zu den anderen Nachfolgestaaten noch gut da. Auch die Inflation, 1992 noch bei 201 Prozent, konnte in diesem Jahr erstmals auf 9,5 Prozent gedrückt werden.

Im Juli kündigte die Europäische Kommission an, daß Slowenien zu den ersten Staaten gehören werde, mit denen im kommenden Jahr Verhandlungen über eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union aufgenommen werden sollten. Nicht zuletzt diese Zusage half den Slowenen, die bittere Pille besser zu verdauen, bei der ersten Runde der Nato-Osterweiterung nicht berücksichtigt worden zu sein.

Diesen Trümpfen Kučans haben seine sieben Herausforderer nicht viel entgegen zu setzen. Die besten Aussichten, einigermaßen passabel abzuschneiden, hat einzig und allein der Parlamentsvorsitzende und Mitglied der mitregierenden Volkspartei, Janez Podobnik. Zwar werden ihm nur neun Prozent der Stimmen vorausgesagt. Doch hofft Podobnik zumindest darauf, Kučan im ersten Wahlgang unter 50 Prozent drücken und damit in eine Stichwahl zwingen zu können. In diesem Fall will er versuchen, mit den Stimmen des gesamten konservativen Lagers Kučan den schon sicher geglaubten Sieg noch streitig machen zu können.

Dabei hatte sich der amtierende Staatschef erst relativ spät und nach langem Überlegen für eine erneute Kandidatur entschieden, und seine Widersacher wollten ihm Steine in den Weg legen. Unabhängige Abgeordnete reichten beim slowenischen Verfassungsgericht eine Klage ein. Die Verfassung sehe nur zwei Amtsperioden vor, Kučan sei aber bereits seit 1990 Präsident. Im Oktober erklärte sich das Gericht für nicht zuständig und verwies die Kläger an die Wahlkommission. Die nahm Kučans Kandidatur an.

Der nächste Versuch, Kučan straucheln zu lassen, war eine Gesetzesinitiative der Christ- und Sozialdemokraten. Nach deren Vorschlag sollen alle Funktionäre und etwaige Mitläufer des früheren kommunistischen Regimes von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden. Der Entwurf, der nur wenig Aussichten hat durchzukommen, soll demnächst im Parlament behandelt werden. Doch Kučan konterte sofort: Die Initiatoren des Gesetzes sollten doch jetzt keine neue Unruhe in die Politik bringen und statt dessen lieber gleich ein „Anti-Kučan-Gesetz“ einreichen. Barbara Oertel