EU-Chefs sind kein Arbeitsamt

■ Nach mehrtägigen Verhandlungen ist von den beschäftigungspolitischen Leitlinien des EU-Gipfels fast nichts mehr übriggeblieben

Luxemburg (AFP/rtr/taz) – Die EU-Staats- und Regierungschefs haben es offenbar vermocht, den Entwurf über Leitlinien zur Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in zweitägigen Verhandlungen so zu verwässern, daß er für alle annehmbar wurde. Aus deutschen Delegationskreisen am Rande des Gipfels hieß es, es gebe Einvernehmen unter den 15 EU-Staaten, jugendlichen Arbeitslosen innerhalb von sechs Monaten und Langzeitarbeitslosen innerhalb von zwölf Monaten eine Beschäftigung oder Ausbildung anzubieten. Zur Umsetzung dieser Leitlinie sollten die EU-Staaten eine Frist von fünf Jahren erhalten.

Selbst dann werden sich daraus keinerlei Verpflichtungen ergeben: Aus deutschen Delegationskreisen hieß es, es sei klar, daß Beschäftigungspolitik Angelegenheit der nationalen Regierung und Tarifpartner bleibe.

Grundsätzliche Einigkeit bestand nach Angaben aus Delegationskreisen, zwanzig Prozent der Arbeitslosen innerhalb eines Jahres in einer Förderungsmaßnahme unterzubringen. Die ursprünglich vorgeschlagene Quote von 25 Prozent war vor allem von der deutschen, britischen und spanischen Delegation abgelehnt worden.

Eine endgültige Einigung stand am Nachmittag noch aus. So hatte Juncker auch steuerliche Maßnahmen als Beschäftigungsanreize vorgeschlagen, so die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für „arbeitsintensive Leistungen“. Dies lehnte die deutsche Seite ab. Bundeskanzler Helmut Kohl hatte im Fernsehsender ProSieben klargestellt: „Was die Haushaltskasse betrifft, wird hier nichts beschlossen, was zusätzliches Geld kostet.“

In der Frage der EU-Erweiterung konnten sich die Regenten noch nicht einigen. Zwar zeigten sich die meisten mit dem Vorschlag für eine Europakonferenz einverstanden, an der die EU- Staaten, die Beitrittskandidaten und die Türkei teilnehmen könnten. Mit welchen Kandidaten konkrete Verhandlungen aufgenommen werden sollten, blieb strittig.