Rechnung ohne Reeder gemacht

Altenwerder und Elbvertiefung sinnlos? In Geheimgesprächen will Hamburg die Anwanderung der Großreederei Maersk verhindern  ■ Von Florian Marten

Unter strengster Geheimhaltung verhandeln Hamburg und Bremen gegenwärtig über die Zukunft des Hamburger Hafens. Nach Informationen der taz trafen sich die Hafenkonkurrenten zuletzt in kleiner, feiner Besetzung am 17. November auf halbem Wege in Rotenburg/Wümme. Der Anlaß: Die dänische Großreederei Maersk, gegenwärtig in Hamburg und Bremerhaven größter Container-Einzelkunde, will ihre Umschlagsaktivitäten auf einen einzigen deutschen Hafen konzentrieren und dort ein Containerterminal in eigener Regie betreiben. Während Hamburg es ablehnt, Reedereien Terminals zu überlassen – Maersk will nach Altenwerder – , hat Bremen den Dänen angeboten, über eine gemeinsame Gesellschaft das neue Containerterminal III (CT3) in eigener Regie zu betreiben.

Dies würde aber, da sind sich alle Experten einig, mittelfristig die Verlagerung des größten Teils des Hamburger Maersk-Anteils nach Bremerhaven bedeuten. Insbesondere die Großcontainerschiffe der sogenannten Postpanmax-Klasse (paßt nicht mehr durch den Panama-Kanal) würden Hamburg dann wohl nicht mehr anlaufen. Die Milliarden für die Hafenerweiterung in Altenwerder und die Elbvertiefung – speziell für diese Schiffsklasse geplant – wären dann verschwendet. Denn nach Maersk, so fürchten Vertreter der Hamburger Wirtschaftsbehörde, könnten auch weitere Reeder ihre Geschäfte an die Weser verlagern.

Die Hamburger Wirtschaftsbehörde will Reedereien aus grundsätzlichen Erwägungen keine eigenen Terminals an die Hand geben – „wir wollen Wettbewerbsgleichheit und Kontrolle über den Hafen.“Deshalb erhielt die stadteigene Hamburger Hafen- und Lagerhaus Aktiengesellschaft (HHLA) den Zuschlag für das künftige Containerterminal Altenwerder. Bremen und die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) sehen in Privatisierungen freilich kein grundlegendes Problem.

Bleibt Hamburg bei seinem Nein zum Maersk-Terminal in Altenwerder, wird Bremerhaven den Zuschlag erhalten. Denn die Dänen setzen auf eine „integrierte Qualitätsstrategie in der Logistik-Kette“– die Reederei will die Container über die gesamte Transportkette begleiten und insbesondere im Hafenumschlag an eigenen Terminals Kosten sparen. Zum zweiten ist die Elbfahrt für die neuen Containerriesen teuer und schwierig.

Zwar bewies am Mittwoch die „Sovereign Maersk“, mit 347 Metern Länge und 42,8 Metern Breite das derzeit größte Containerschiff der Welt, bei ihrer ersten Fahrt nach Hamburg, daß die Elbmetropole auf dem Wasser erreichbar ist – die „Rangier“vorgänge im Fluß und das Einparken bei den Terminals sind jedoch kompliziert, riskant und zeitaufwendig.

Ein Bremer Triumph über Hamburg wäre jedoch zweischneidig, weil Hamburg fraglos mit einem teuren Hafenwirtschaftskrieg kontern würde. So kreisen die Geheimverhandlungen derzeit auch um die Möglichkeiten einer Kooperation. Die private Elbe-Weser-Bahn, die schon heute Container zwischen Bremerhaven und Hamburg befördert, hat beispielsweise noch Kapazitäten für fast 70.000 Container pro Jahr frei. Hamburg könne, so ein Szenario, weiterhin Lager- und Verteilplatz der Maersk-Container bleiben, die allerdings in Bremerhaven auf dem künftigen Reederei-Terminal umgeschlagen würden. Auch die Gründung gemeinsamer Tochtergesellschaften oder wirtschaftliche Überkreuz-Beteiligungen von HHLA/BLG sind in der Diskussion.

Insider der Hamburger Wirtschaftsbehörde sehen gegenwärtig nur zwei Alternativen: „Entweder wir halten an der alten Tonnenideologie fest und kämpfen um jeden einzelnen Schiffscontainer. Dann müssen wir Maersk ein konkurrenzfähiges Angebot machen und unsere bisherige Unternehmenspolitik im Hafen über Bord schmeißen. Oder wir steigen endlich, wie ja auch im Koalitionsvertrag vorgesehen, in eine strategische Hafenkooperation mit den Bremischen Häfen ein.“