Prozeß um Peguform-Schadensersatz

■ Oldenburger Eltern machen Chemie-Firma für die Krankheit ihrer Tochter verantwortlich

Oldenburg. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat der vierte zivilrechtliche Versuch eines Ehepaars, ein Oldenburger Industrieunternehmen (Peguform GmbH) für die schwere Umweltkrankheit seiner Tochter haftbar zu machen. Das Unternehmen, das Autozubehör aus Kunststoff produziert und lackiert, ist in einem Wohngebiet mitten in der Stadt angesiedelt und beschäftigt 1.000 Mitarbeiter.

Kurz nach Aufnahme der Produktion im Jahr 1987 gab es Beschwerden von Anwohnern über „ätzenden und ekelerregenden Geruch“. Es folgten Klagen über Krankheitssymptome, die inzwischen eindeutig den Erscheinungsbildern der durch Einwirkung chemischer Substanzen auftretenden Umweltkrankheiten CFS (Chronisches Erschöpfungssyndrom) und MCS (Chemikalienunverträglichkeit) zugeordnet werden. Andauernde Kopfschmerzen und Schlafstörungen schwächten die inzwischen 17jährige Tochter des klagenden Ehepaars. Mit acht Jahren mußte sie die Schule verlassen und war ein Jahr lang auf Rollstuhl und Krücken angewiesen. Inzwischen hat die Familie – wie die meisten der Anfang der 90er Jahren bekanntgewordenen 130 Erkrankten – den Wohnort gewechselt.

Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht Oldenburg hatten in langwierigen Verfahren die Schadensersatzklage der Eltern abgewiesen mit der Begründung, ein Zusammenhang zwischen Gesundheitsschäden und den Schadstoff-einwirkungen des Unternehmens sei nicht bewiesen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verwarf das Urteil und kritisierte unter anderem, daß medizinische, technische und toxikologische Gutachten der Kläger nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.

Der 8. Zivilsenat des OLG kündigte an, dies nun nachholen zu wollen. Schadstoffausstoß und Betriebsstörungen des Unternehmens sollen von einem neuen unabhängigen Sachverständigen überprüft werden. Ein Toxikologe soll die 17jährige begutachten. Ob es eine „medizinische Vorschädigung“des Mädchens gegeben habe, soll auf Antrag des beklagten Unternehmens geklärt werden. Mit einem Urteil ist nicht vor März nächsten Jahres zu rechnen. dpa