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Ohne Getöse für oben bestimmt

Der zweifache Torschütze Fredi Bobic und sein VfB Stuttgart begnügen sich nach dem 3:0 gegen den KSC, Gemüt und Champions League betreffend, mit Andeutungen  ■ Aus Stuttgart Thilo Knott

Irgendwie hatte Fredi Bobic ja vollkommen recht: Warum auch große Worte folgen lassen, wenn die zuvor dargebotenen Taten ohnehin für sich sprachen? Der Stuttgarter analysiert den 3:0-Erfolg im baden-württembergischen Derby gegen den desolaten Karlsruher Sportclub durch Tore eben von ihm selbst (20. und 34.) und Akpoborie (64.) so nüchtern und emotionslos, wie er binnen 90 Minuten auf dem Spielfeld wohl nie agieren könnte.

Bobic erklärte: Daß Vergleiche zwischen den Bundesliga-Klubs im Ländle „immer besondere Spiele“ seien, daß ihm Thomas Häßler „richtig leid getan“ habe angesichts der geringen Unterstützung seiner Karlsruher Kollegen beim Aufbegehren gegen den Abstiegsplatz, daß Krassimir Balakov das Duell der beiden Spielmacher gewonnen hat. Basta.

Die eigene gewinnbringende Leistung jedenfalls sparte Bobic fast völlig aus: Kein Wort über seine Ladehemmung zuletzt, kein Einblick in das Seelenleben eines Stürmers, der sich in Minute 20 und 34 einer torlosen Durststrecke gleich zweifach entledigte. Bobic wollte sein Inneres nicht nach Außen stülpen, niemanden teilhaben lassen am eigenen Gemütszustand. Nur Fragen zum Spiel: Die Tore in der ersten Halbzeit, sagte der dafür Verantwortliche, hätten dem KSC „den Zahn gezogen“. Sprach's – und verschwand.

Also ließ sich nur erahnen, was den VfB-Vorzeigestürmer umtrieb in den letzten Wochen und in den beiden Momenten ihrer Bewältigung am Samstag. „Für den Fredi“, fühlte VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder mit, „hat es mich besonders gefreut.“ Für einen Stürmer, stellte Torsteher Franz Wohlfahrt fest, ist es „immer mörderisch, wenn er nicht trifft“.

Daß er dies gegen den KSC dann doch tat, war für Bobics Vorarbeiter Joachim Löw „nur eine Frage der Zeit“. Denn: „Fredi Bobic ist ein Phänomen.“ Gerade nach dem frustrierenden Fristen in der Zuschauerrolle beim letzten Freundschaftskick der nationalen Auswahl gegen Südafrika habe Bobic „trainiert wie eh und je, mit unglaublichem Siegeswillen“. Löw: „Er ist physisch so stark, daß er sich immer selbst aus dem Tief holt.“

Das freilich ist eine Einschätzung, die nicht nur auf Bobic zutrifft: nach verkorkstem Saisonstart hat sich der Verein für Bewegungsspiele nach jetzt drei Siegen in Folge auf Tabellenrang drei geschlichen. Klammheimlich. Ohne großes Aufsehen. Und das soll vorerst auch so bleiben. Übungsleiter Joachim Löw lapidar: „Der Abstand zur Spitze ist etwas geringer, nach unten etwas größer geworden.“ Selbst die Niederlage des Tabellenführers Kaiserslautern in Wolfsburg änderte nichts an Löws derzeitiger Pespektive: „Wir wollen nicht immer nach den anderen schauen.“

Gleich Gebetsmühlen parlierten die Kicker die Direktive ihres Chefs nach. Spielmacher Krassimir Balakov will nur „von Spiel zu Spiel denken“, Franz Wohlfahrt vor allem „Ruhe bewahren“ und sich lediglich „auf uns konzentrieren“. Es ist ja verständlich: Bei noch acht Punkten Rückstand auf Rang eins, sieben auf den Champions-Platz, ist großes Getöse und Marktgeschrei noch nicht geboten. Understatement deshalb allenthalben. Zu früh sei es noch, sagte Keeper Wohlfahrt, „sich jetzt schon Gedanken zu machen, in den Zweikampf an der Spitze eingreifen zu wollen“.

Im Hinterstübchen des Pokalsiegers freilich schwirren andere Ambitionen. Noch unter der Woche hatte der Präsident höchstselbst die Champions League als „absolutes Maß“ betitelt. „Man muß die Meßlatte immer in einen Bereich legen, wo es schwierig ist, hinzukommen“, sagte Mayer-Vorfelder. Sieht auch Joachim Löw so, der meinte, daß es „niemandem verboten wird, die Champions League zu erreichen“.

Doch daran denken? Wenigstens der Österreicher Franz Wohlfahrt gab einen kurzen Einblick in die Dinge, die möglich sind. „Der Endpunkt ist noch lange nicht erreicht“, sagte der Torsteher. Um im nächsten Augenblick aber flugs wieder vieldeutig zu werden: „Wir haben immer daran geglaubt, daß wir für oben bestimmt sind.“

Eines scheint also gewiß: Der VfB Stuttgart hat noch Großes vor, auch wenn die Worte davon noch nicht künden.

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