„Meine Falten halten“

Plätten ist seine Leidenschaft: Seit gestern präsentiert der Weltmeister der Bügelfalten bei Karstadt in Wandsbek seine Kunst  ■ Von Elke Spanner

Wie lange er denn für, sagen wir mal, zehn Hemden bräuchte, begehrt die engagierte Hausfrau zu wissen. „Für zehn Hemden? Tage, Wochen, und wenn es schön werden soll, sogar Monate“, bekennt Richard Lee.

Und das will der Weltmeister im Bügeln sein? Noch schnell dem Titelträger einen verächtlichen Blick zugeworfen, dann verläßt die Schaulustige Karstadt in Wandsbek, wo Lee diese Woche täglich sein Können vorführt. „Pah“, schnaubt sie, „das schaffe ich schneller.“Richard Lee grinst ihr schelmisch hinterher. Nein, sie ist keine Konkurrenz für den Bügelweltmeister. Denn der bügelt nicht etwa Falten aus Hemden heraus, sondern in sie hinein.

Das Bügeln ist nicht nur seine große Leidenschaft, sondern auch Beruf und Hobby zugleich. Täglich trägt er ein gebügeltes Hemd. So sieht man ihm seine Passion sogar an. Das heißt, eigentlich sieht man es ihm gerade nicht an, denn seine Hemden sind alles andere als glatt, sondern gerautet, liniert, mit Sternen, einzelnen Buchstaben oder ganzen Worten verziert. „Ich mache meine eigene Designermode“, rühmt er sich ungeniert.

Die entsteht mittels heißem Eisen, einer leichten Hand, akribischer Berechnungen und viel Liebe. Sieht man das verzückte Gesicht Lees, man hält es kaum für möglich, daß seine Hand gerade über einen ungefüllten Hemdsärmel streicht. Andere nehmen nur ein Frischgeborenes mit solcher Vorsicht in die Hand, und der Entwurf des nächsten Musters läßt sich an Kompliziertheit nur noch mit astronomischen Himmelskörperentfernungsberechnungen vergleichen. Doch auch was so sorgsam durchdacht und von langer Hand geplant ist, nimmt manchmal geradezu banale Formen an.

Zum Beispiel den Namen Marianne. Ein seeliges Lächeln huscht über das Gesicht des Bügelkünstlers, als er diesen Namen haucht. Denn Marianne, das ist seine Freundin. Und der Name ist nicht nur auf einem hellblauen Kurzärmeligen zu lesen, sondern Marianne steht auch auf Mariannes Kopfkissen.

Als die erste gemeinsame Nacht in der Luft lag, griff Lee zum Eisen und bereitete sich gründlich und auf seine Art auf das Rendevouz vor. Glück für ihn, daß sein Liebesleben seither konstant ist und das Kissen sich einer gewissen Langlebigkeit erfreuen darf. Mit wechselnden Freundinnen würden auch ernsthafte Bügelprobleme bei ihm einziehen, denn überbügeln ist nicht. „Meine Falten halten immer und noch einen Tag dazu“freut er sich.

Selbst eine Waschmaschine kriegt die Falten nicht raus. Was der Schrecken eines jeden herkömmlichen Oberhemdenträgers, ist für Lee ein großes Glück, könnte er doch anderenfalls seine Hemden nicht einmal waschen. So aber kann er es ungestört tun, und zum Nachbügeln der nur etwas erblaßten Muster braucht er dann nur noch drei bis vier Stunden. Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum Lee seine Kunst nicht verkauft: „Wer sollte die Hemden nachbügeln?“