Leiser Rüffel für die Bundestagsverwaltung

■ In der Affäre um versäumten FDP-Antrag tadelt ein Gutachten Rita Süssmuths Verwaltung, sieht aber keine rechtswidriges Verhalten

Bonn (taz) – Deutliche Vorwürfe an die Adresse der Bundestagsverwaltung erhebt Professor Konrad Redeker in einem unabhängigen Rechtsgutachten, das der Bundestag selbst in Auftrag gegeben hat. Die Verwaltung des Parlaments hätte die FDP seiner Ansicht nach darauf aufmerksam machen müssen, daß für die Bewilligung von Geldern nach dem Parteiengesetz noch ein weiterer Antrag oder eine Ergänzung erforderlich gewesen wäre.

Parlamentspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) hatte in den letzten Tagen selbst mehrfach auf das Gutachten des „angesehenen Staats- und Verwaltungsrechtlers“ verwiesen und damit die Auszahlung von rund 12,4 Millionen Mark an die FDP gerechtfertigt. Ein Kölner Verwaltungsgericht hatte diese in der letzten Woche eines Formfehlers wegen für unrechtmäßig erklärt.

Professor Redeker war im Dezember 1996 bei Prüfung der Rechtslage zu dem Ergebnis gekommen, die FDP habe einen Anspruch auf die Mittel, obwohl ein gesetzlich vorgeschriebener Antrag dafür fehlte. Seine Begründung: Bis zum Ablauf der Frist für den Antrag hatten mehrfach Gespräche zwischen Vertretern der FDP, deren Wirtschaftsprüfern und dem zuständigen Referatsleiter der Bundestagsverwaltung stattgefunden. Bei diesen Begegnungen, so der Jurist, wurde jedoch seitens der Behörde niemals darauf verwiesen, daß die Anträge noch nicht vollständig seien. „Bei der Sachkunde der Behörde“, so das Gutachten, könne das „nur dahin verstanden werden, daß man von dem Vorliegen eines ausreichenden Antrages ausgegangen ist“. Konrad Redeker weiter: „Ein solcher Antrag ist von der Verwaltung offensichtlich als gestellt angesehen worden. Denn sonst hätte sie im Rahmen dieser Erörterungen darauf hinweisen müssen und darauf hingewiesen, daß es an dem notwendigen fristgerecht einzureichenden Antrag noch fehle.“

„Ich glaube nicht, daß es an Beratung gefehlt hat“, erklärte Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth gestern gegenüber Journalisten in Bonn. Das FDP-Präsidium erklärte dagegen in einer Stellungnahme, „in vielfachen Kontakten und Korrespondenzen mit dem zuständigen Referat der Bundestagsverwaltung“ seien „nie Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit des Antrages geäußert worden“. FDP- Generalsekretär Guido Westerwelle meinte auf einer Pressekonferenz: „Dann bleiben Fragen, wenn man unmittelbar nach Fristablauf über den angeblich falschen Antrag informiert wird.“

Bundesschatzmeister Hermann Otto Solms hat unterdessen eingeräumt, einen Fehler gemacht zu haben. „Es kann in der Fülle der Dinge, die man zu tun hat, schon einmal passieren, daß etwas unpräzise formuliert wird“, sagte der FDP-Fraktionschef. Einen Rücktritt, wie vom nordrhein-westfälischen FDP-Chef Möllemann gefordert, schloß Solms jedoch aus. Das FDP-Präsidium stellte sich demonstrativ hinter den Schatzmeister und sprach ihm einstimmig das Vertrauen aus. Auch der CDU- Vorstand wies gestern Kritik an Süssmuth zurück: „Die Bundestagspräsidentin hat unseren vollen Rückhalt“, erklärte Generalsekretär Peter Hintze. Bettina Gaus