Analyse
: Keine Hoffnung, Tim

■ Chef-Klimaschützer der US-Regierung wirft das Handtuch

Wir alle müssen gelegentlich umgetopft werden“, kommentiert Timothy Wirth, US-Vizeaußenminister, sein Ausscheiden aus dem Amt. Das wäre weiter nichts als eine der üblichen Wendungen in der Karriere eines US-Politikers, wäre Timothy Wirth nicht auch der Leiter der amerikanischen Delegation zum Klimagipfel und würde der nicht nächste Woche in Kioto beginnen.

Nein, als Kritik an der US-Position wolle er die Entscheidung nicht gewertet wissen, sagte Wirth. „Ich bin Optimist.“ Und als er gefragt wurde, ob denn ein Klimaabkommen eine Chance habe, im US-Senat ratifiziert zu werden: „Was man erst gar nicht versucht, kann man auch nicht erreichen.“

Das klang schon ziemlich sarkastisch aus dem Munde des vollendeten Gentlemans und Diplomaten. „Unser Vorschlag ist gut“, hatte Wirth immer wieder erklärt. „Wir wollen sechs, nicht nur drei der Treibhausgase reduzieren, wie die Europäer, und wollen Aufforstungsmaßnahmen mit in den Vertrag schreiben. Wenn die Europäer Steuern auf Treibstoff oder Kohlendioxid erheben wollen, bitte, wir machen das anders, wir haben bessere Erfahrungen mit der Einführung von Marktmechanismen gemacht.“ Na ja, die US-Regierung wird das erklärte Ziel Clintons, die Emissionen auf dem Niveau von 1990 zu stabilisieren, um Längen verfehlen.

Präsident Bill Clinton hat nun Stuart Eizenstat mit der Leitung der amerikanischen Delegation in Kioto beauftragt, den Mann, der die Untersuchung des Verhaltens Schweizer Banken während des Zweiten Weltkriegs geleitet hat, ein ranghoher und integrer Diplomat, aber anders als Timothy Wirth weder für Engagement noch für Erfahrungen in der Umweltpolitik bekannt. Zeitweilig war erwogen worden, Vizepräsident Al Gore nach Kioto zu schicken. Doch dann verlautete aus dem Weißen Haus, eine derartige Aufwertung der amerikanischen Delegation sei nicht angebracht – vor allem dann nicht, wenn man sich in Kioto keinen Erfolg verspricht und ein Mißerfolg den Präsidentschaftskandidaten des Jahres 2000 schlecht dastehen lassen würde. Timothy Wirth, der beim Amtsantritt Clintons vom Senat ins State Department wechselte, weil er die Möglichkeiten der Legislative erschöpft zu haben glaubte, wird den Eine-Milliarde- Dollar-Fonds verwalten, den Ted Turner der UNO gestiftet hat. Der erfahrene Politiker hat vom Regieren die Nase voll und setzt nun auf private Initiativen und die UNO.

Es ist schwer, den Schritt Timothy Wirths anders denn als Rücktritt aus Protest gegen die amerikanische Position zu den Klimaverhandlungen zu verstehen und als Eingeständnis der Unmöglichkeit, ein Verhandlungsergebnis zu erzielen, das Aussicht auf Ratifizierung durch den amerikanischen Senat hätte. Peter Tautfest, Washington