Endlich können Winnie Mandelas Opfer frei sprechen

■ In gespannter Stimmung befaßt sich Südafrikas Wahrheitskommission mit den Morden der Winnie-Leibgarde

Johannesburg (taz/dpa) – Vor Südafrikas Wahrheitskommission, die die Menschenrechtsverletzungen während der Apartheid-Ära untersucht, haben gestern die Anhörungen zur Vergangenheit der ehemaligen First Lady Winnie Mandela begonnen. Winnie Madikizela-Mandela, wie sie seit der Scheidung von Nelson Mandela heißt, erschien mit zwei Rechtsanwälten und verfolgte äußerlich gelassen die Anschuldigungen der ersten Zeugen, die von einem ihrer Anwälte zum Teil scharf persönlich angegriffen wurden. Etwa 20 Angehörige der von Winnie geführten ANC-Frauenliga demonstrierten für sie und versuchten, im Sitzungssaal Spruchbänder zu entrollen.

Fünf Tage lang sollen mehr als 40 Zeugen, darunter Opfer und einstige Mitglieder von Winnies Leibgarde in den 80er Jahren, „Mandela United Football Club“, sowie prominente ANC-Mitglieder berichten, um vielleicht endlich Licht in die Ereignisse der späten 80er Jahre in Soweto zu bringen. Leibwächter und Angehörige von Opfern haben Winnie Mandela beschuldigt, in dieser Zeit Morde befohlen und zum Teil selbst ausgeführt zu haben. Weil der Fall so prominent ist, leitet der Vorsitzende der Wahrheitskommission, Erzbischof Desmond Tutu, persönlich die Anhörung. Winnie Mandela selbst wird erst am Freitag aussagen.

Bei den Anhörungen geht es für Winnie Madikizela-Mandela auch ums politische Überleben. In nur wenigen Wochen will sie sich zur Vizepräsidentin des regierenden ANC wählen lassen, womit sie zugleich Aussichten auf die Vizepräsidentschaft der Republik Südafrika hätte. Zugleich hat der ANC aber in der vergangenen Woche seine bisherige strikte Solidarität aufgekündigt und Winnie scharf angegriffen. kd Bericht Seite 10