■ Die Anderen
: Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sieht eine neue radikale Studentenbewegung nahen / Die "Frankfurter Rundschau" zur Bonner Haushaltsdebatte / Mit Netanjahus Demontage des Friedensprozesses befaßt sich "Jedioth Achronoth"

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sieht eine neue radikale Studentenbewegung nahen: Die Leitlinie der Opposition, möglichst kein realitätsnahes Steuerkonzept anzubieten, sondern mit Vorwürfen an die Koalition und an Bevölkerungsgruppen auf Stimmenfang zu gehen, hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn dies einer breiten Stimmung im Lande entspricht. Was in den Parlamenten nicht zu überzeugen vermochte, könnte nun auf den Straßen Verstärkung erhalten. Schon sind Aktivisten dabei, den studentischen Protest gegen Lehr- und Ausstattungsmängel für einen grundsätzlichen Protest gegen die Regierungen und bald gegen die als „Kapitalismus“ gelästerte Wirtschaftsordnung zu mißbrauchen.

Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt zur Bonner Haushaltsdebatte: Die Resignation des Bonner Kassenwarts vor den Folgen seiner Politik war für seine Kritiker der Beweis, daß sie mit dem Vorwurf richtig liegen, Waigel betreibe eine Politik wider besseres Wissen. Nicht einmal er selbst wird seinen Worten glauben, die den Abgeordneten und dem Publikum am Bildschirm eine schöne neue Welt weismachen wollen aus Wirtschaftsaufschwung, Stimmungsbesserung und Durchhaltevermögen. Genauso hat der CSU-Politiker in all den Jahren zuvor geredet. Etwa als er zu Beginn dieser Legislaturperiode vorzeitig Konsolidierungssiege feierte und die Wende zum Besseren auf dem Arbeitsmarkt stets für das jeweils kommende Jahr versprach. Wer achtmal daneben liegt, dem glaubt man nicht, auch wenn er mal in acht Amtsjahren die Wahrheit spricht.

Mit Netanjahus Demontage des Friedensprozesses befaßt sich die israelische Zeitung „Jedioth Achronoth“: Nun verstehen also auch die Amerikaner, was Kommentatoren in Israel schon lange sagen: Netanjahus Idee, die Erfüllung der Verpflichtungen des Oslo- Abkommens auszusetzen und direkt zu den Verhandlungen über den „finalen Status“ überzugehen, soll den Friedensprozeß stoppen. Gleichzeitig verfolgte er das Ziel, sich von der Verpflichtung zu weiteren Truppenabzügen aus dem Westjordanland zu befreien.

Im Grunde geht es darum, daß Netanjahu die nächsten Wahlen erreichen will, ohne vorher Entscheidungen treffen zu müssen, die zu Kontroversen im Koalitionslager führen. Inzwischen sind die Gräben zwischen Israelis und Palästinensern in den zentralen Fragen so tief geworden, daß es ausgeschlossen ist, daß die Verhandlungen über den „finalen Status“ innerhalb eines Jahres beendet werden könnten. Die Gräben sind so tief, daß beide Seiten weitere Interimsphasen durchlaufen müssen, um sich daran zu gewöhnen, daß sie nebeneinander wohnen. Erst dann, vielleicht in einer Generation, können Probleme wie die Zukunft Jerusalems oder das der palästinensischen Flüchtlinge gelöst werden.