Politische Winkelzüge stiften Verwirrung im Kongo

■ Verhaftungen und eine Farce um die Einbindung der Opposition in die Regierung schwächen Kabila vor der Kongo-Geberkonferenz. Neuer Streit mit der UNO in letzter Minute beigelegt

Berlin (taz) – Die Regierung von Laurent-Désiré Kabila in der Demokratischen Republik Kongo entwickelt sich zum Weltmeister im Stiften von Verwirrung. In diesen Tagen leistet sie sich drei Krisen gleichzeitig: einen Machtkampf in der Armee, einen Streit mit der Opposition und eine erneute Verstimmung mit der UNO. All das geschieht eine Woche vor der internationalen Kongo-Geberkonferenz am 3. Dezember, bei der die Regierung eigentlich einen guten Eindruck machen will.

Am spektakulärsten ist die Verhaftung von Kommandant Masasu Shindaga, einer der höchsten Militärs in Kabilas Armee. Masasu wurde am Montag von der Militärpolizei aus seiner Residenz in Kinshasa mitgenommen. „Die Polizei behauptete, auf höheren Befehl zu handeln, aber wir haben dafür keine konkreten Beweise“, sagte sein Berater Tomy und warf damit ein aufschlußreiches Licht auf die Funktionsweise von Kabilas Sicherheitsapparat.

Der 35jährige Masasu aus dem Osten des Landes war im Oktober 1996 zusammen mit Kabila einer der vier Gründer der Rebellenbewegung AFDL, die mittlerweile das Land regiert. In den letzten Monaten galt er erst als Generalstabschef und dann als Kabilas Sonderbeauftragter zur Lösung der Krise im Osten. Hier hat Masasu im Oktober verhindert, daß eine Rebellion lokaler Milizen sich ausweitet.

Vor wenigen Wochen wurde bereits Kommandant Francis Olenga wegen Indisziplin verhaftet. Olenga war Anfang 1997 aus dem deutschen Exil zur AFDL gestoßen und arbeitete in der Logistik. So sind aus der AFDL-Armeeführung, in der Offiziere aus Ruanda und Uganda noch immer Einfluß genießen, schon zwei hochrangige Kongolesen entfernt worden. Dies deutet auf Machtkämpfe im Militär hin. Schon im Sommer soll sich die mächtige Fraktion der „Katanga-Gendarmen“, die von Kabila eine raschere Demokratisierung fordert, gegen die Ernennung Masasus zum Generalstabschef gewehrt haben.

Eher als Farce erscheint dagegen das jüngste Spektakel um eine Öffnung der Regierung. Am Montag abend ernannte Kabila per Dekret die Oppositionellen Frederik Kibassa Maliba und Tala Ngai zu Vizeministern für Bergbau und Finanzen. Beide kommen aus der größten Oppositionspartei UDPS, deren Führer Etienne Tshisekedi die Regierung Kabila nicht anerkennt. Kibassa hat sich allerdings schon vor Jahren mit Tshisekedi zerstritten. Was wie ein gelungener Schachzug zur Isolierung Tshisekedis aussah, ging aber schon am Dienstag nach hinten los, als Kibassa verkünden ließ, niemand habe ihn gefragt. Sein Sprecher Prosper Ndume sagte: „Er wird natürlich nicht annehmen. Er war von seiner Ernennung so überrascht wie alle anderen.“

Nun hat Kibassa das aber nicht selber gesagt, und so ist möglich, daß er den Posten doch angenommen hat und seine Entourage nun rebelliert. Zwei ehemalige UDPS- Politiker sitzen bereits gegen den Protest der Partei in der Regierung, und diese Woche ernannte Kabila den früheren UDPS-Sprecher in Brüssel, Omar Nkamba, zum Gouverneur der Provinz Ost- Kasai – die Hochburg Tshisekedis. Die Grenzen der politischen Öffnung zeigten sich aber ebenfalls am Dienstag, als der Kongreß der Oppositionsgruppe „Forces du Futur“ verboten wurde.

Der Kurs des Kongo bleibt also weiterhin unklar. Nur im Umgang mit der UNO herrscht ein solider Opportunismus: Nachdem UN- Generalsekretär Kofi Annan am Dienstag drohte, das UN-Team zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen innerhalb von 48 Stunden wieder abzuziehen, wurden die Ermittler gestern endlich vom zuständigen Minister Etienne Mbaya empfangen. Die Geberländer haben Entwicklungshilfe an den Kongo von einer Zusammenarbeit zwischen Regierung und UN-Kommission abhängig gemacht. Dominic Johnson