Die fliegende Geldvernichtungsmaschine

■ Der Eurofighter zeigt, wie wenig die Politik zu melden hat. Teuerstes BRD-Rüstungsprojekt

Berlin (taz) – Es ist vollbracht, der Stoiber-Fighter – so Joschka Fischers neueste Wortschöpfung – ist unter Dach und Fach. Der Bundestag hat das teuerste Rüstungsprojekt in der Geschichte der Republik verabschiedet. Mit dem Eurofighter ist noch ein weiterer Superlativ verknüpft: Er zeigt, wie wenig Politik zu melden hat.

Ursprünglich war alles ganz einfach. Der Angriff aus dem Osten drohte, es war klar, daß die Bundeswehr in 10 bis 15 Jahren Ersatz für die in den USA gekauften Phantom benötigen würde. Und es lag in der Logik der europäischen Flugzeugindustrie, diesmal selbst einen Flieger zu bauen – statt wieder in den USA zu kaufen.

Relativ schnell war schon dem damaligen SPD-Verteidigungsminister Hans Apel (SPD) klar, daß aus dem Projekt ein finanzielles Debakel werden würde: eine Geldvernichtungsmaschine der Sonderklasse. Apels Einsicht kam zu spät. Sein Nachfolger Manfred Wörner (CDU) war Flieger. So erhielt das Monsterprojekt Jäger 90 auf der Hardthöhe die erste Priorität. Der damalige Daimler-Chef Edzard Reuter konnte die Überweisungen fest für den Aufbau seines Luft- und Raumfahrtkonzerns verbuchen.

Die Krise kam, als Wörner zur Nato wechselte und Gorbatschow das Reich des Bösen in seine Bestandteile zerlegte. Statt großer Bedrohung war nur noch große Ebbe in der Kasse. Spätestens Wörners Nachfolger Gerhard Stoltenberg (CDU), der sich ja sowieso mehr für Finanzen als fürs Fliegen interessierte, wußte, daß der Jäger 90 finanziell ein Unding und militärisch überflüssig war. Doch das Netz, gestrickt aus Partikularinteressen, außenpolitischen Rücksichtnahmen und heimlicher militärischer Großmannssucht, war bereits so fest, daß Stoltenberg darin hängenblieb.

Wie groß die Eigendynamik des fliegenden Milliardenverschlingers tatsächlich war, mußte vor allem der forsche Newcomer Volker Rühe (CDU) schmerzlich erfahren. „Der Jäger 90 ist tot“, verkündete er großspurig zum Amtsantritt. Tatsächlich wird der Eurofighter noch jahrelang Geld verschlingen, wenn Rühe schon längst nicht mehr auf der Hardthöhe sitzt. Kein Argument half, selbst der russische Superflieger MiG 29, den es plötzlich im Sonderangebot gab, konnte den Bau nicht stoppen. Die Mutation vom Jäger 90 zum Eurofigther, der in Wahrheit mindestens wieder so teuer wird, wie anfangs von Rühe befürchtet, ist das Paradebeispiel überhaupt, wie der militärisch-industrielle Komplex einen Verteidigungsminister platt machen kann. So platt, daß Rühe so tun mußte, als sei der Figther der Glücksfall für Deutschland.

Der Vorgänger von Apel, Georg Leber (SPD), hat sich aus dem Verteidigungsministerium mit dem Satz verabschiedet: „Bestellt hab' ich schon, ihr braucht nur noch zu zahlen.“ Der Nachfolger Rühes kann sich diesen Satz jeden Tag neu in den Kalender schreiben. Jürgen Gottschlich