Der richtige Kurs

■ Die Debatte um die bündnisgrüne Außenpolitik bekommt Substanz

Es ist ja richtig, wenn Joschka Fischer sagt: Mit Außenpolitik kann man keine Wahlen gewinnen, aber verlieren. Deshalb ist es auch richtig, wenn die Bündnisgrünen darauf verzichten, ausgerechnet in der Außenpolitik Scheindebatten zu führen, die zu nichts anderem dienen, als Stichworte für die politischen Gegner zu bieten. Es wäre aber auch fatal, die notwendige Auseinandersetzung jetzt unter einem Formelkompromiß zu begraben, der immer Gefahr läuft, im ungünstigsten Moment von einer Seite aufgekündigt zu werden.

Kurzum – die einmal begonnene Debatte sollte fortgesetzt werden. Einen ersten Schritt haben die Grünen mit einer Modifikation ihres Programms jetzt getan. Im Wahlkampfprogramm erkennt die Partei an, daß außenpolitische Ziele nur langfristig zu erreichen sind. Wenn man die ideologischen Scheuklappen einmal abnimmt, ist leicht zu erkennen, daß die Partei sich in den wesentlichen Zielen der Außenpolitik einig ist. Und diese Ziele sind der Bevölkerung auch durchaus vermittelbar.

Der Streit um die Nato und die Nato- Osterweiterung ist ja kein Streit um die Nato an sich. Letztlich geht es darum, wie in Europa Sicherheit für alle hergestellt werden kann und wie das Primat einer zivilen Konfliktregelung durchgesetzt wird. Niemand, auch kein Außenpolitiker der Union, bestreitet, daß es dabei vorrangig um die Einbindung Rußlands geht. Also lautet die Frage: Kann die Nato das leisten? Und: Was muß man tun, um eine Ausgrenzung und potentiell neue Konfrontationen zu verhindern?

Dasselbe gilt für militärische Interventionen rund um den Globus. Die Bündnisgrünen sind sich weitgehend einig, daß das Ziel von Außenpolitik auch die Durchsetzung von Menschrechten und die Verhinderung von Völkermord ist – diese Überzeugung teilen sie mit vielen Menschen in dieser Republik. Der Einsatz von Militär ist dabei keine Glaubensfrage, sondern eine Nützlichkeitserwägung.

Nicht zuletzt die Debatte um Bosnien hat gezeigt, daß es auf diese Fragen keine einfachen Antworten gibt und es der Durchsetzung der Ziele nicht dienlich ist, sich auf Haltungen zurückzuziehen, wo Analysen gefragt sind. In der Diskussion um den Militäreinsatz in Bosnien haben die Grünen demonstriert, daß sie zu einer ernsthaften außenpolitischen Debatte in der Lage sind. Sie brauchen eigentlich nur daran anzuknüpfen. Jürgen Gottschlich