Letztes Stück Teerhof im Ausverkauf

■ Bausenator favorisiert Altenwohnungen, denn dafür gibt es angeblich einen Investor / Die Shakespeare Company will ein Theater: Hinter den Kulissen wird um das Filetstück gerangelt

Ein Bauwagen und rund hundert chromblitzende Autos stehen herum wie auf einem gewöhnlichen Parkplatz. Allein die 100 Meter lange und 50 Meter breite Fläche zwischen kleiner und großer Weser ist für diese Nutzung viel zu prominent. Denn es ist der unbebaute Rest des Teerhofs und somit eines der letzten Filetstücke in der Bremer Stadtmitte. Und nicht nur der renommierte Bremer Architekt Gerhard Müller-Menckens fürchtet, es könnte einer öffentlichen Nutzung verloren gehen.

Denn Bausenator Bernt Schulte (CDU) favorisiert die Errichtung einer Altenwohnanlage. Dies hat Schulte jetzt in einem Gespräch mit Renate Heitmann, Bremer Shakespeare Company, geäußert. Doch geht es nach der Company, würde dort ein Theaterkomplex gebaut und die vom Senat in den 80er Jahren beschlossene und dann Phantom gewordene Idee von einem Kulturforum doch noch Wirklichkeit.

„Wir wollen ein modernes Drei-Sparten-Haus“, sagt Renate Heitmann. Zusammen mit der Kammerphilharmonie und dem Deutschen Tanzfilminstitut träumen sich Heitmann und Co in eine moderne Variante des Globe-Theaters, das jetzt nach einem historischen Vorbild aus der Shakespeare-Ära in London wiederaufgebaut wurde. 30 bis 35 Millionen Mark müßten für eine neue Heimat dieser drei kulturellen Imageträger der Stadt veranschlagt werden. Wo das Geld herkommen soll, ist nach Heitmanns Angaben noch fraglich. Trotzdem drängt die Zeit.

Denn die Shakespeare Company residiert in der ehemaligen Aula und in Räumen des ehemaligen Gymnasiums am Leibnizplatz. Es ist jetzt eine Gesamtschule – mit akuter Raumnot. Die Bildungsbehörde plant den Bau von vier neuen Unterrichtsräumen für rund 1,5 Millionen Mark. „Nächstes Jahr soll es losgehen“, sagt Behördensprecher Manfred Ruberg. Es sei denn, die Company zieht aus: „Dann wären die neuen Räume überflüssig.“Die Voraussetzung: Der Bausenator gibt sein Placet zum Company-Umzug noch in diesem Jahr. Auf den Teerhof oder sonstwohin.

„Der Teerhof kommt nicht in Frage“, gibt sich Schultes Sprecher eindeutig. „Eine kulturelle Nutzung muß sich selbst finanzieren.“Und das sei bei dem Company-Projekt nicht der Fall. Dem Vernehmen nach hat ein Investor Interesse am Bau von Altenwohnungen. Die kulturelle Nutzung erschöpfte sich dann in ein bißchen Gastronomie ohne große Publikumswirkung. Und die jetzigen BewohnerInnen hätten dann für immer ihre Ruhe, so der sarkistische Kommentar des Neustädter Ortsamtsleiters Klaus-Peter Fischer, zu dessen Bereich der Teerhof gehört.

Vor wenigen Wochen saß Fischer in der Jury eines Ideenwettbewerbs des Planungsamtes zur Bebauung des freien Geländes. Den mit 22.000 Mark dotierten ersten Preis gewann das Delmenhorster Architektenbüro Schröder für einen riegelförmigen Entwurf. Dieser und andere, mit insgesamt 90.000 Mark prämierten Vorschläge betonen die Offenheit der künftigen Nutzung. Allein für ein Theater eignet sich keiner von ihnen.

Daran nehmen mehrere Architekten Anstoß. Der für die Sanierung der Glocke verantwortliche Gerhard Müller-Menckens kritisierte bei einer Debatte, daß die kulturelle Nutzung und der Wiederaufbau eines historischen Gebäudes, des Frese-Hauses, bei der Jury-Entscheidung keine Rolle gespielt habe. Ein anderer Wettbewerbsteilnehmer spricht sogar von einer systematischen Ausjurierung entsprechender Entwürfe. Dagegen will die Shakespeare Company etwas tun: Sie plant eine Ausstellung dieser Modelle und eine Kampagne für ihr Projekt. ck