■ Contra: Der Studentenprotest ist Ausdruck mangelnder Flexibilität
: Studenten, ihr langweilt!

Die Studenten verschwenden mal wieder ihre Zeit. Anstatt zu lernen, ziehen sie mit Transparenten durch die Bonner Innenstadt und skandieren vor dem Kanzleramt. Als wenn dadurch eine Mark mehr in den Bildungsetat fließen oder auch nur ein Politiker die nötige Reform des Hochschulwesens vorantreiben würde. Für die Lethargie deutscher Politiker können die Studenten nichts. Wohl aber für ihre Unbeweglichkeit im eigenen Denken. Seit 20 Jahren langweilen die Studenten mit denselben Forderungen nach mehr Geld für die Unis und sich selbst, weniger Prüfungen, aber mehr Ordnung und Betreuung. Diese Vorstellungen von Bildung sind so altbacken wie der studentische Anspruch, die protestierende Avantgarde gegen den Staat zu sein, lächerlich ist.

Als zukünftige Elite in Deutschlands Unternehmen, Behörden oder Forschungszentren erschrecken die Studenten durch mangelnde Flexibilität. Wenn das Pädagogikseminar in Gießen mit 600 Studenten überfüllt ist, sollte man sich die Frage stellen, ob man nicht etwas anderes studieren kann. Oder in einer anderen Stadt. Vielleicht gar in einem anderen Land. Es ist zwar immer noch schmerzlich festzustellen, daß wir in einer globalisierten Welt leben, aber die pure Negation dessen hilft leider nicht weiter. Wer schon in dem unglaublichen Freiraum während des Studiums nicht bereit ist, Neues auszuprobieren und die kuschelige Heimat zu verlassen, wird auch später nicht für einen Beruf umziehen. So ist es unverständlich, daß Ingenieure hierzulande über mangelnde Arbeitsplätze stöhnen, sich aber nicht im entferntesten dafür interessieren, daß ihr Beruf z.B. in den USA gefragt ist.

Und warum eigentlich diese Panik vor Studiengebühren? Unsozial seien die, nur die Reichen könnten dann noch studieren. Nein. Unsozial ist, daß Sprößlingen aus begüterten Familien dieselben steuersubventionierten Bücher und Professoren zugute kommen, wie ihren Kommilitonen aus finanziell minderbemittelten Familien. Auch Studenten müssen zur Kenntnis nehmen, daß wir uns die sozialliberale Art staatlicher Fürsorge nicht mehr leisten können. Sozialhilfeempfänger haben dies weit schmerzhafter erfahren, als die auch weiterhin zur Elite gehörenden Studenten es je erleben werden. Bei einer intelligenten Abstufung von Studiengebühren ließe sich zumindest ein Teil des finanziellen Problems deutscher Hochschulen lösen. Und mit Studiengebühren von einigen hundert Mark wüßte dann der Politikstudent an der Hamburger Uni vielleicht im 5. Semester auch schon, wo die Institutsbibliothek ist. Ulrike Fokken