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■ Standbild„Kill him, kill him!“

„Der Schutzengel“, Do., 20.15 Uhr, RTL 2

Das Kino liebt sie schon lange, all die Monster, Psychopathen und Kinderficker. Regelmäßig schickt es ihnen seine bleichen Jungfrauen zum Opferaltar. Das Fernsehen ist hier deutlich verschnarchter. Es inszeniert erst einmal ein Tribunal für den belgischen Nachbarn, für Mutter Weimar und andere Empörungslieferanten. Ist die TV-Nation in Hysterie geeint, wird mit vollen Händen aus dem reaktionären Horrorfilm-Fundus geschöpft. Und die Jungfrauen müssen ran.

Es paßt deshalb besonders gut, daß Christiane Paul in Uwe Jansons „Der Schutzengel“ Maria heißt und für ihre Rolle als Psychologin und „missionarische Unschuld“ Dr. Fender ein paar Jahre zu jung aussieht, wenn sie in den tiefsten Seelenkeller dringt: zum Frauenschlachter Marc Bittner (Heino Ferch), der, wenn er nicht gerade das fahle Mondlicht anhechelt, sich im Simulieren multipler Persönlichkeiten übt. Ein weitaus harmloseres Krankheitsbild also als das eines Heidemörders. Die Unschuld glaubt's und verhilft dem Sorgenkind zur Flucht. Wie zum Dank fördert Bittner schon bald darauf ihre Dunkelheitsphobie zu Tage. Keine schreienden Lämmer zwar, aber immerhin ein cholerischer, einkerkernder Vater. Doch dann muß Dr. Fenda lernen, daß ihre sanften Sanierungsmaßnahmen bestenfalls für Schokoholiker taugen. Das Monster nämlich mordet wieder. Doch zur Verunklärung moralischer Fronten kommt es nicht, nur zur reumütigen Bestätigung alter Ordnung.

Und wenn in der Schlußszene der alte Eierkneifgriff endlich die Rettung bringt, darf, wie damals das US-Premierenpublikum von „Schweigen der Lämmer“, getrost „Kill him, kill him!“ skandiert werden. Birgit Glombitza

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