Studentenverband kündigt Aktionswoche an

■ Ab kommenden Montag wollen Studierende bundesweit an den Unis gegen die Bildungskrise protestieren. Das Land Hessen spendiert 16 Millionen Mark für neue Bücher und Tutorien

Berlin (taz) – Die Demonstration am Donnerstag in Bonn soll nicht das Ende des bundesweiten Studierendenstreiks gewesen sein. Am Montag beginnt nach Angaben des studentischen Dachverbandes fzs eine Aktionswoche mit dezentralen Demonstrationen.

Wichtigstes Ziel der Studierenden sei die „grundlegende Demokratisierung der Hochschulen“ und das „generelle Verbot aller Arten von Studiengebühren“, sagte fzs-Sprecherin Ortrun Bertelsmann zur taz. Sie verwahrte sich „gegen Versuche der politischen Verantwortlichen, den berechtigten studentischen Protest für sich zu vereinnahmen“. Im Hofgarten hatten 40.000 Studierende gegen die miserablen Studienbedingungen demonstriert.

Mit einem 16 Millionen Mark teuren Zweijahresprogramm will die hessische Landesregierung das studentische Aufbegehren eindämmen. „Mit dem Maßnahmenpaket ist ein großer Kraftakt gelungen, der dazu beitragen wird, daß die Hochschulen ihren Lehrauftrag wieder besser erfüllen“, sagte Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) gestern. Im hessischen Gießen war vor vier Wochen der Studentenstreik ausgerufen worden. Mehrere hundert Erstsemestler hatten sich geweigert, Pflichtvorlesungen zu verlassen, die zwar für sie bestimmt, aber hoffnungslos überfüllt waren. Die Justus-Liebig- Universität kann manchem Studierenden wegen Dozentenmangels erst im vierten Semester Seminare des Studienanfangs anbieten.

Die hessische Regierung verstärkt 1998 und 1999 die Bibliotheksetats mit 8,2 Millionen Mark. Neue Bücher und Zeitschriften sollen angeschafft werden. Weitere acht Millionen Mark sind für die Einstellung von Lehrbeauftragten und für studentische Lehrkräfte vorgesehen.

Abermals kritisierte Eichel die Bundesregierung. Bildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) müsse „umgehend die angekündigten Mittel für die hessischen Bibliotheken in Höhe von 2,9 Millionen Mark bereitstellen.“ Auch im Hochschulbau stehe Bonn bei ihm in der Kreide. Hessen habe 180 Millionen Mark beim Hochschulbau „vorfinanziert“.

In der kommenden Woche werden laut fzs die Studierenden in Mainz und Düsseldorf auf die Straße ziehen, um gegen die Finanzknappheit im Hochschulwesen und für eine Reform der Unis zu demonstrieren. Bereits am Dienstag wollen die Bayern in München demonstrieren. Für Mittwoch haben die Studentenvertretungen Mecklenburg-Vorpommerns einen landesweiten Warnstreik angekündigt. Bislang werden 66 von 230 Hochschulen ganz oder teilweise boykottiert. An weiteren 22 Unis finden kommende Woche Vollversammlungen statt, die über einen Eintritt in den Streik abstimmen werden.

Rüttgers hat einen Dreh gefunden, die doppelte Überlastung der deutschen Hochschulen besser zu verteilen. An den 53 ostdeutschen Hochschulen bestünden hervorragende Studienbedingungen, sagte er. „Geht doch rüber“ – so könnte Rüttgers Appell an die westdeutschen StudentInnen interpretiert werden. Christian Füller