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„Die Zeche zahlen die Kleinen“

■ Lebhafte Diskussion über den Vulkan-Niedergang in der Schauburg

Der Vulkan ist tod, und trotzdem lebt er in den Gemütern der BremerInnen weiter. Die Frage nach dem warum trieb sie gestern vormittag in die Schauburg, wo der Film „Gesucht wird die Schuld an der Vulkan-Pleite“von Wilfried Huismann und Klaus Schlösser noch einmal über die Leinwand flimmerte.

Harsche Kritik mußten sich die Autoren nach dem Film allein von dem Sozialdemokraten Waldemar Klieschies gefallen lassen. Ob sie sich denn mal die Mühe gemacht hätten, auszurechnen, wieviel es gekostet hätte, wenn der Vulkan ein paar Jahre früher in den Konkurs gegangen wäre, wollte der Jurist wissen und verteidigte damit indirekt die Industriepolitik in Sachen Vulkan, die jahrelang von der SPD betrieben wurde. „Nein, nein, nein“, erwiderte Autor Klaus Schlösser bestimmt . Solche Rechtfertigungen hätte er von Sozialdemokraten immer wieder zu hören gekriegt. Mit dem Vulkan sei jahrelang eine Industriepolitik betrieben worden, die ein regelrechtes „De saster“zur Folge gehabt hätte. Die Steuerzahler seien „betrogen“worden. Anstatt „bis an die Grenze der Legalität zu wursteln“, hätte man viel früher auf eine „vernünftige Industriepolitik“setzen müssen. Die letzten Worte Schlössers gingen im Applaus des Publikums unter. Der Versuch Klischies, die sozialdemokratische Vulkan-Politik zumindest im halbvoll besetzen Kinosaal zu verteidigen, war gescheitert.

„Die Zeche haben mal wieder die kleinen Leute bezahlt“, schlug auch die Bürgerschaftsabgeordnete und Mitglied des Vulkan-Untersuchungsausschusses Brigitte Dreyer (CDU) in die gleiche Kerbe. „Alle haben sich davon gemacht. Das hat man auch vor dem Untersuchungsausschuß gesehen. Keiner wollte die Schuld auf sich nehmen.“

Ob die Vision des Vulkan-Chefs Friedrich Hennemann vom maritimen Schiffbaukonzern eine „Seifenblase“gewesen sei oder nicht, wollte ein anderer Zuhörer wissen. Hennemann hatte viele gute Ideen, er sei aber am „Nadelöhr des Marktes“gescheitert, so Schlössers Einschätzung. „Was Hennemann gemacht hat, hatte nichts mit dieser Vision zu tun“, sagte Hermann Kuhn (Grüne), Vorsitzender des Vulkan-Untersuchungsausschuß. Hennemann hätte sich in Bremen und im Osten unverzichtbar machen wollen. Er habe nach dem Motto gehandelt, wer groß genug sei und auch genug Schulden habe, dem könne nichts mehr passieren. „Der Vulkan ist nur politisch zu verstehen“, schloß Kuhn.

Doch nicht nur die Bremer Polit-Prominenz meldete sich zu Wort. „Sie haben die Arbeiter nicht zur Wort kommen lassen“, beschwerte sich ein ehemaliger Vulkanese. „Wir haben auf unseren Lohn verzichtet und keine Abfindungen bekommen. Man hat uns nie eine Chance gegeben.“Das Management des Bremer Vulkan hätte den Markt verschlafen, ärgerte sich der Schiffbauer. „Die Arbeiter haben nichts mitbestimmt, weder beim Aufstieg noch beim Fall“, erklärte Huismann das angebliche Manko des Films und empfahl die Langfassung des Films, an der beide Autoren gerade arbeiten, und auf die man gespannt sein darf.

kes

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