Grauzone im Strafrecht

■ Prozeß muß Kinderpornographie von FKK-Bildern unterscheiden

Im bisher größten Berliner Fall der Kinderpornographie sind in der Anklage gegen einen 54jährigen Pädagogen teilweise Aufnahmen von Kindern aufgelistet, die die Polizei bereits 1993 gesichtet und damals als unbedenklich eingestuft hatte. Der federführende Ermittler der Kriminalpolizei begründete dies gestern vor dem Landgericht damit, daß die Abgrenzung zwischen straffreier FKK-Darstellung und strafbarer Pornographie schwierig sei.

Der in über 50 Fällen von Kindesmißbrauch und Vermarktung von Kinderpornographie angeklagte Mann hatte seinen Angaben nach Kataloge unbeanstandet dem damaligen Kommissariatsleiter der Wachdienststelle für Kindesmißbrauch vorgelegt. Er habe sich damit rechtlich absichern wollen. Ermittlungen gegen den Kommissariatsleiter sind nach Angaben der Anklagevertreterin eingestellt.

Die Polizei hatte bei Durchsuchungen des vom Angeklagten geleiteten Medienverlages über 2.000 Videos und rund 70.000 Fotos sichergestellt. Über einen der Filme sei zunächst ein Kind ermittelt worden, dessen Name eingeblendet gewesen sei. Der Junge habe bestätigt, daß er für 100 Mark mitgewirkt habe, sagte der Kriminalbeamte. Als Darsteller der Kinderpornographie benennt die Anklage vor allem minderjährige Knaben. Das jüngste Opfer soll ein dreijähriges Mädchen in Rumänien gewesen sein, das der Angeklagte nach der Aufnahme von Fotos auch mißbraucht haben soll.

Der Haftbefehl vom Juni vorigen Jahres konnte nicht sofort umgesetzt werden, weil der Pädagoge sich nach Kolumbien abgesetzt hatte. Dort soll er erneut Kinderpornos hergestellt haben. Die für Kindesmißhandlung zuständige Abteilungsleiterin der Staatsanwaltschaft sprach vor Medien ebenfalls von einer Grauzone zwischen Kinderpornographie und FKK als reinen Nacktbildern ohne geschlechtliche Aktionen. Der Prozeß wird morgen mit Sichtung des Film- und Fotomaterials fortgesetzt. dpa