Alleingang in den Rücktritt

Vorstands-Krise beim FC St. Pauli: Vize Hinzpeter ging – oder wurde von Präsident Weisener gegangen  ■ Von Clemens Gerlach

Das Ende der zehnjährigen Beziehung war symptomatisch. Während Christian Hinzpeter gestern nachmittag per Pressefax verbreitete, er sei soeben „von seinem Amt als Vizepräsident“des FC St. Pauli „zurückgetreten“, sah der Rest-Vorstand die Sache ganz anders: „Auf seine weitere Mitarbeit wird verzichtet“, so das Bulletin von Präsident Heinz Weisener und Schatzmeister Horst Niewicki.

Auch in der Begründung des überraschenden Schrittes konnten sich beide Seiten nicht auf eine gemeinsame Version einigen. Hinzpeter behauptete, fehlendes Vertrauen des Aufsichtsrats und der Vereinsführung habe ihn zum Rücktritt veranlaßt. Dem widersprach Weisener: „Die Amateurvertretung hat sich gegen Herrn Hinzpeter ausgesprochen“, sagte der Vereinsboß gestern der taz, „so wie dieser es darstellt, hat es sich nicht abgespielt.“

Zudem hätten „diverse weitere Vorfälle im Rahmen der Präsidiumsarbeit“ihm keine andere Wahl als die Trennung von seinem Stellvertreter gelassen, erklärte Weisener. Der 69jährige Architekt wirft Hinzpeter „zu viele Alleingänge in Sachen Öffentlichkeitsarbeit“vor. Er habe Präsidiumsmeinungen publik gemacht, die „so nicht richtig sind“. Zu diesen Vorwürfen wollte Hinzpeter auf taz-Anfrage „keine Stellung nehmen“. Er fahre erst einmal in den Urlaub.

Manager Helmut Schulte zeigte sich gestern ob der Hiobsbotschaft „geschockt“, Sven Brux vom Fanladen „geplättet“. Hinzpeter sei für die Fans immer „am besten“erreichbar gewesen.

Bereits in der Präsidiumssitzung am Sonntag hatten Weisener und Niewicki Hinzpeter das Mißtrauen ausgesprochen. Vorausgegangen war ein Schreiben der Amateurvertretung an Weisener vom 26. November. Darin werden dem ehemaligen Geschäftsführer „eigenmächtiges Vorgehen“, „schlechter Stil“und „Mißachtung eines Satzungsorgans“vorgeworfen. Fazit: „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist nicht mehr möglich.“

Jüngster Anlaß war Hinzpeters Verhalten vor der Jahreshauptversammlung Ende Oktober. Der 43jährige Jurist hatte einen Antrag der „Arbeitsgemeinschaft interessierter Mitglieder“(AGiM) dem Vereinsvolk vorgelegt, ohne sich mit seinen Präsidiumskollegen abgesprochen zu haben. Die organisierten Fans hatten eine Beitragssenkung für passive Mitglieder gefordert. Noch auf dem Meeting im CCH hatte der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Apel Hinzpeters Verhalten kritisiert.

„Es war ein Fehler, aber meine Mitarbeit war gut gemeint“, räumte gestern Hinzpeter ein, der auf der Jahreshauptversammlung für zwei weitere Jahre in seinem Amt bestätigt worden war.

Präsident Heinz Weisener sieht in der Trennung von seinem Vize keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken – trotz der sportlich prekären Lage des abstiegsbedrohten Zweitligisten und des Rücktritts von Trainer Eckhard Krautzun vor einer Woche. „Es geht“, vertraute er gestern der taz an, „weiter.“