Getriebene

■ Wer sagt, wo's Fußball live gibt? Fifa: Wir. Kirch: Ich. Jetzt planen die Länder ein Gesetz

In den Rechtsabteilungen der Fifa und der Kirch-Gruppe dürften sich dieser Tage ähnliche Szenen abspielen. Dort beugen sich die jeweils Oberen wohl über dasselbe Werk: den Vertrag beider über den Verkauf der Rechte an den Fußball-WMs 2002 und 2006. Nur: Sie kommen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Fifa-Boß Joseph Blatter behauptet, die Vereinbarungen seien nur vorläufig und sähen ein Veto der Fifa darüber vor, welche Spiele wie und wo gezeigt werden. Kirch-Mann Dieter Hahn versucht in der FAZ den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. „Es gibt einen voll gültigen Lizenzvertrag.“ Doch das Thema Fifa-Veto sparte er aus. So unglaubwürdig, wie beide Seiten bislang taktierten, ist ohnehin schwer zu ermessen, wer da nicht weiß, was er unterschrieb. Beide sind nun Getriebene der Fußballemotionen.

Nicht anders die Bundesländer, die inzwischen an einem Gesetz über bezahlfreien Fußball arbeiten. Der Mainzer Staatskanzleichef Klaus Rüter bestätigte gegenüber der Süddeutschen Zeitung gestern einen taz-Bericht von Samstag, nach dem es schon eine Liste jener Sportereignisse gibt, die ohne Extragebühr für den Zuschauer ins Fernsehen kommen sollen. Die Delegation aus vier Staatskanzleichefs hat auf fünf Seiten festgehalten, wie sie sich eine solche Regelung vorstellt, und auch schon einen Entwurf für einen entsprechenden Passus im Rundfunkstaatsvertrag gefertigt. Beide Papiere liegen am 18.12. den Ministerpräsidenten vor.

Folgende Ereignisse wollen die Länder bezahlfrei: neben der Olympiade und den Eröffnungs-, End- und Halbfinalspielen der Fußball-WMs und -EMs auch alle anderen Spiele der deutschen Auswahl – ebenso deren Heim- und Auswärtsspiele. Dazu kommen das DFB-Pokalendspiel und Halbfinale sowie möglicherweise („zu prüfen“) die Endspiele der europäischen Turniere der Meister, Pokalsieger und des Uefa-Cups.

Die von Kirch geäußerte und von mehreren Unionsländern bislang geteilte Haltung, ein solches Vorgehen könnte das sogenannte „Rückwirkungsverbot“ und damit die Eigentumsrechte Kirchs tangieren, weisen die Länder nun zurück. Dieser sei schließlich nicht direkt TV-Veranstalter und dann gebe es da ja noch die Äußerungen der Fifa: „Auch angesichts einer solchen Ausgangslage dürfte eine unzulässige Rückwirkung nicht vorliegen.“ Kirch-Sprecher Hahn beharrt weiterhin eben darauf und verweist auf Artikel 3a der EU- TV-Richtlinie, um zu begründen, daß diese den Ländern kein Gebot der Live-Ausstrahlung erlaube. Doch gerade was das betrifft, ist der Paragraph eindeutig. Wenn Hahn den Fifa-Vertrag auch so oberflächlich wie das EU-Gesetz gelesen hat, dürfte Kirch der Verlierer im Streit mit den Fußballoberen sein. Lutz Meier