Vokuhila mit Imageproblemen

■ Für Double Team hat sich Jean-Claude Van Damme Hongkongs genialen Großimpresario Tsui Hark hinter die Kamera geholt

„July 1st. A Day To Remember“war in der ehemaligen Kronkolonie und Finanzmetropole Hongkong in den Tagen vor der Übergabe an die chinesische Volksrepublik auf T-Shirts zu lesen. Wie sich die politischen Veränderungen auf die Filmszene des zweitgrößten Finanzexporteurs der Welt auswirken werden, läßt sich kaum abschätzen. Die Stimmung vieler Hongkong-Filme der letzten Jahre angesichts der ungewissen Zukunft schien im besten Fall ambivalent und eher den beiden Protagonisten aus Patrick Leungs Beyond Hypothermia zu ähneln. Während sie Bonnie-and-Clyde-like im Auto von Kugeln zerfetzt werden, bleibt ihnen nur die gegenseitige Versicherung, daß sie es schaffen werden.

Hollywood hingegen dürfte das alles weniger interessieren, es wiegt sich eher in der Hoffnung auf die erfrischende Wirkung eines Exodus im Stile der 30er-Jahre-Nazi-Exilanten. Ronnie Yu (The Bride With The White Hair) dreht auf der anderen Seite des Pazifiks mit The Warriors Of Virtue einen Karate Kids-meets-Die unendliche Geschichte-Verschnitt, und von Chow-Yun Fat, Hongkong-Superstar und John Woos Main Man, war zu lesen, Columbia solle ihm für den bald anlaufenden The Replacement Killers sogar Englischstunden finanziert haben.

An der vordersten Front dieser Goldgräberei tummelte sich schon früh ein Vokuhila mit ähnlichen Sprachproblemen, aber größeren Muskeln, der zweitgrößte belgische Exportartikel nach Gabber: Jean-Claude Van Damme. Anders als Stallone oder Arnold hat er es nie geschafft, in der Welt jenseits der Kickbox-Schulen und Bahnhofskinos eine halbwegs kohärente Starpersona auszubilden. Wie Steven Seagal blieb ihm nur der Rückzug in die Frisur und der Versuch, hinter der Kamera das wettmachen zu lassen, was ihm vor ihr nicht so recht gelingen wollte. Für Hard Target holte er sich John Woo hinter die Kamera und für Maximum Risk Ringo Lam, von dessen City On Fire Tarantino sich nicht nur einmal bediente. Mit Double Team wollte er noch einen draufsetzen und hat deshalb Hongkongs Groß-impresario Tsui Hark (Regisseur von Peking Opera Blues, Produzent von A Chinese Ghost Story) samt Team engagiert. Wie in Jean-Claudes ersten beiden Versuchen geht das voll in die Hose, und nichts erinnert an die fast schon Eisensteinschen Bewegungsbilder und Attraktionsmontagen Tsuis.

Die hellen Interieurs des mediterranen Hightechknastes für zwangsemeritierte Topagenten, aus dem Jean-Claude ausbrechen muß, um mit Dennis Rodman den Kampf gegen Mickey Rourke aufzunehmen, sind recht ansehnlich geraten – treiben einen aber eher zu Ikea als ins nächste Kino. Tsuis Product Placement von Coca-Cola-Dosen hingegen scheint zumindest vor allem eins signalisieren zu wollen: daß er bereit ist, nach Hollywood-Regeln zu spielen. Wenn Woos Face Off Maßstäbe gesetzt hat, können wir uns Tsuis übernächsten Film ja vielleicht auch wieder angucken. Tobias Nagl

Aladin, Autokino Billbrook, Gloria, Hansa, Palette, UFA