Mehr Management, mehr Demokratie

■ Wissenschaftssenatorin Krista Sager (GAL) über den Streik, die Professoren und das Geld

taz: Die Studenten streiken. Sind sie im Recht?

Krista Sager: Mit vielem. Zum Beispiel mit ihrem Protest gegen Studiengebühren, gegen das Hochschulrahmengesetz oder gegen zusätzliche Eingangsprüfungen.

Und das Geld?

In unseren Koalitionsvereinbarungen gibt es einige Nachbesserungen. Mehr Geld für Tutoren und Lehrmittel, weniger Stellenstreichungen beim Nachwuchs.

Reicht das aus?

Mißt man den Erfolg des Streiks allein daran, ob es hinterher mehr Geld aus der Stadtkasse gibt, dann ist Enttäuschung programmiert. Wir haben allerdings erreicht, daß im Wissenschaftsetat 1998 beim Personal nur 0,8 Prozent statt der bisherigen 3,4 Prozent eingespart werden müssen. Im Verhältnis ist das toll, aber es bleibt bei der Ansage: Ihr müßt sparen.

Die SPD-Politik der vergangenen Jahre zielt auf die Verringerung der Ausbildungskapazität, während die Containerkapazität im Hafen ständig erhöht wurde. Blechkisten oder kluge Köpfe – worauf setzt die Stadt?

Ich bin mit Wirtschaftssenator Mirow einig, daß die Wissenschaft derzeit in Hamburg unterbewertet ist. Eine Neubewertung können wir aber leider nicht schon morgen bei der Finanzbehörde durchsetzen. Dennoch: Die Erkenntnis, daß Wissenschaft eine höhere Priorität bekommen muß, ist da. Hochschulen sind viel zu lange allein als Kostenfaktor betrachtet worden. Im Streik müssen die Hochschulen jetzt aufpassen, daß sie dieses Bild nicht erneut bestärken.

Um die Qualität der Hochschulausbildung steht es nicht gut. Läßt die sich auch ohne mehr Geld verbessern?

Natürlich. Etwa durch die Fortsetzung der Evaluation der Lehre, durch gestufte Studiengänge oder einen stärkeren Praxisbezug.

Ist aber nicht gerade der Status der Professoren ein zentrales Problem? Sind diese Privilegien auf Dauer tragbar?

Nein. Die Grünen stellen deshalb den Beamtenstatus generell in Frage.

Würde Rot-Grün das nach einer gewonnenen Bundestagswahl anpacken?

Ich hoffe. Es gibt vieles, was nicht geht. Zum Beispiel wenn Lehrende ihren Wohnort so weit von der Hockschule entfernt haben, daß man sich fragen muß, wie sie dort eigentlich noch unterrichten wollen.

Die 68er-Generation hat zwar die Hochschulen aufgemischt, von einer demokratischen Bildungseinrichtung kann aber nicht die Rede sein. Die jüngsten Reformansätze sehen das Heil nun in einer Stärkung der Rektoren und Dekane.

Wir brauchen beides: ein besseres und stärkeres Management und mehr Demokratie, also effektive demokratische Selbstverwaltungsorgane.

Frauen sind an der Uni diskriminiert wie in kaum einem anderen gesellschaftlichen Bereich.

Wir werden mit den Hochschulen Leistungsvereinbarungen abschließen – und da gehört die Frage der Frauenförderung mit hinein. Im Zuge des Generationenwechsels müssen die Frauen an den Hochschulen jetzt endlich zum Zuge kommen.

Was wollen Sie in dieser Legislaturperiode ingesamt erreichen?

Ich will erste Schritte auf dem Weg zur Wissenschaftsstadt Hamburg gehen, das heißt: Konkrete Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen, die nicht nur auf dem Papier stehen, eine stärkere Profilbildung, Internationalisierung, mehr Zusammenarbeit – alles in allem einen Klimawechsel in der Frage, was Wissenschaft für die Stadt und die Stadt für die Wissenschaft bedeutet.

Interview: Florian Marten