Das Portrait
: Die Absteigerin

■ Herta Däubler-Gmelin

Jahrelang hatten es die sozialdemokratischen Geschicke so gefügt, daß den Parteitagen immer soviel Kandidaten für den stellvertretenden Parteivorsitzenden präsentiert wurden wie Plätze vorhanden waren. Diesmal mußte gekämpft werden: Die Zahl der StellvertreterInnen wurde nicht bloß deshalb erhöht, weil mehr KandidatInnen als Posten da waren. Und so sah sich die altgediente Herta Däubler-Gmelin von der bayerischen Landesvorsitzenden Renate Schmidt herausgefordert. Die nämlich muß nächstes Jahr Wahlkampf führen und schlug die Konkurrentin mit satten hundert Stimmen Mehrheit. Auch beim zweiten Duell, das Däubler-Gmelin nun ihrerseits gegen Heidi Wieczorek-Zeul um den fünften Stellvertreterposten anstrebte, unterlag sie, wenn auch knapp.

Die profilierte Juristin aus Tübingen hatte ihren Stellvertreterjob seit 1988 inne. Sie konnte ihn wohl auch deswegen nicht halten, weil bei der Rechts- und Innenpolitik, für die sie verantwortlich ist, sich die SPD eher zerstritten als profiliert präsentiert. Zudem sind auf diesem Feld in den letzten Jahren keine gesellschaftlich relevanten Auseinandersetzungen mehr geführt worden. Nun ist Däubler-Gmelin wohl eine der wenigen aus der politischen Klasse, die sich auch ein Leben außerhalb des Metiers vorstellen können. Immerhin hat sie eine Honorarprofessur an der FU Berlin und gehört einer Anwaltskanzlei an.

Die Niederlage in Hannover war nicht der erste politische Dämpfer für die 54jährige. 1993 war die ehemalige Vorsitzende des Bundestags- Rechtsausschusses für das Bundesverfassungsgericht nominiert worden, ihr Aufstieg zur Präsidentin des Gerichts galt als sicher. Obwohl fachlich bestens geeignet, stieß sie auf hartnäckigen Widerstand beim Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble. Nach monatelanger Kraftprobe gab sie schließlich ihre Kandidatur auf.

Aus ihrer Abwahl in Hannover auf einen langsamen Ausstieg aus der Politik zu schließen, wäre verfrüht. Unverzagt trat sie nach ihren Niederlagen erneut an: Jetzt zur Wahl um einen Sitz im Parteivorstand. Diesmal erzielte sie mit 384 von 500 Stimmen ein hervorragendes Ergebnis, schnitt besser ab als Gerhard Schröder. Arbeit wird sie auch in Zukunft haben. Immerhin ist sie auch Schirmherrin des ersten virtuellen Ortsvereins der SPD. Und hier macht ihr keiner die Führungsposition streitig. Dieter Rulff