■ Israel: Hardliner Sharon wird Teilungsplan mit Palästina vorlegen
: Ein Bantustan für Arafat

Ariel Sharons Ruf hat viele Facetten. Vom genialen Strategen über den blutrünstigen Krieger bis zum politischen Realisten reichen die Charakterisierungen. Und sie sind keineswegs unzutreffend. „Das Oslo-Abkommen führt zu einem palästinensischen Staat“, sagte der Realist jüngst. „Und den will ich nicht“, fügte der Ideologe hinzu.

Genau deshalb hat Netanjahu ihn auserkoren, den Plan für die territorialen Zugeständnisse an die Palästinenser auszuarbeiten. Es gilt als sehr wahrscheinlich, daß das israelische „Sicherheitskabinett“ Sharons Vorschläge billigen wird. Und ebenso wahrscheinlich ist es, daß die Palästinenser diese Pläne rundweg ablehnen werden. Und das zu Recht.

Nicht nur wegen der beiden Sicherheitskorridore, die Sharon im Jordantal und an der Grünen Linie, der Grenze von 1967, annektieren will. Im Kern sieht seine „Vision“ nichts anderes vor als ein erweitertes palästinensisches „Bantustan“, wie es jetzt schon existiert. Größere zusammenhängende Gebietsstreifen, die zur Bildung eines Staates unentbehrlich sind, werden den Palästinensern vorenthalten. Die Siedlungen bleiben in israelischer Hand. Die letztliche militärische Kontrolle übt die israelische Armee aus. Straßensperren und Patrouillen will Sharon, kein Unmensch, den Palästinensern, soweit wie möglich ersparen. Der große Stratege des Likud – nichts als eine Krämerseele, die um ein paar Kilometer Land feilscht.

50 Jahre nach der UN-Teilungsresolution für Palästina verweigert die israelische Regierung immer noch eine Zwei-Staaten-Lösung und perpetuiert damit den Konflikt. Die Palästinenser haben schon heute einen international anerkannten Paß, eine Flagge, eine Hymne, eine Regierung, ein Parlament, eine Kleinarmee und ein Stück Land. Der Embryo eines Staates existiert. Und er wird wachsen.

Die Sharons und Netanjahus mögen sein Wachstum verzögern können. Um den Preis weiteren Blutvergießens und größeren Hasses. Verhindern werden sie seine Geburt nicht. Das Oslo-Abkommen hat die Bildung eines palästinensischen Staates als Verhandlungsergebnis nicht ausgeschlossen. Ein Kardinalfehler in den Augen der Regierung Netanjahu. Und der Grund, daß Israels Regierung die Umsetzung des Abkommens hinauszögert. Netanjahu droht sogar mit der Annektion des Westjordanlandes, sollte Arafat den Staat Palästina proklamieren. Dabei wäre der ohnehin wesentlich kleiner, als in der UN-Teilungsresolution vorgesehen. Georg Baltissen