Norddeutsche geloben Kooperation in Konkurrenz

■ Nahverkehr soll ausgebaut, Gewerbeansiedlungen auch mal dem Nachbarn gegönnt werden

31 Norddeutsche versuchten sich gestern einen Tag lang zu begreifen – und zwar als Region. Das Ergebnis dieses „Prozesses“stellte Barbara Maier-Reimer, Staatssekretärin der Stadtentwicklungsbehörde und Vorsitzende der „Regionalkonferenz für die Metropolregion Hamburg“(REK), am Nachmittag vor: „Wir sind ein Meinungsbildungs-, nicht ein Beschlußgremium.“Dennoch hätten die 31 erstmals gemeinsam tagenden Staats- und Landräte, Bürgermeister und Politiker aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen „vordringliche Aufgaben für die Region“in der Verkehrs-, Gewerbeflächen- und Umweltpolitik definiert.

Die sollten nun „unterhalb einer staatlichen Neuordnung“in einer „funktionsfähigen Kooperation“umgesetzt werden, weihte Hartmut Wegner, Staatssekretär des Kieler Innenministeriums, die Presse ein. Und was bitte heißt das konkret, fragte die zurück. Daß die Autobahn 26 von Stade nach Hamburg zügig gebaut wird. Daß die S-Bahn nach Buxtehude kommt. Daß die Bahnstrecke Hamburg-Lüneburg ein drittes Gleis und die Strecke Hamburg-Lübeck die Elektrifizierung bekommen. Auch am zweigleisigen Ausbau der AKN-Strecke zwischen Ulzburg-Süd und Kaltenkirchen sowie zwischen Eidelstedt und Schnelsen hält die REK fest.

Ziel dieser Empfehlungen, die nun die Landesregierungen absegnen sollen, ist eine bessere Anbindung des Hamburger Umlands an den öffentlichen Personennahverkehr. Denn: Rund 290.000 Menschen pendeln täglich aus dem „Speckgürtel“in die Hansestadt; bis zum Jahr 2010 werden zu den vier Millionen Einwohnern dieses Ballungsraums rund 250.000 hinzukommen, schätzt die REK.

Die meisten jedoch zögen wegen günstigerer Immobilienpreise, niedrigerer Gewerbesteuern und familienfreundlicherer Lebensbedingungen lieber ins Umland: „Die Nutzen und Lasten müssen gleichmäßig verteilt sein“, versprachen sich Kiel, Hannover und Hamburg. Deswegen will man bei der Vergabe von Gewerbeflächen kooperieren: In einem eigens eingerichteten Infosystem können sämtliche 2.100 Hektar Gewerbeflächen, die in der Region zur Verfügung stehen (200 Hektar in Hamburg, 700 in Schleswig-Holstein, 1200 in Niedersachsen), abgerufen werden. Wenn Hamburg etwa einen Unternehmenswunsch nicht erfüllen könne, „verweisen wir im Zweifel nach Niedersachsen oder umgekehrt“, schwärmte Maier-Reimer. Die Presse staunte: Wie sich das denn mit der Realität vereinbaren lasse, wo doch Gemeinden um jeden popeligen Betrieb und Arbeitsplatz erbittert kämpfen? „Die Konkurrenz soll erhalten bleiben“, theoretisierte Maier-Reimer. Aber man begreife sich eben als Region. Im Juni wird die REK bilanzieren, wie sich ihre kooperative Konkurrenz in der Praxis bewährt.

Heike Haarhoff