BSE-Erreger auch im Knochenmark

Britische Regierung erläßt Verkaufsverbot für Rindfleisch am Knochen. Bauern glaubten schon das Schlimmste überstanden – nun wollen manche die Häfen blockieren, um irische Importe zu stoppen  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die britische Regierung hat Ochsenschwanzsuppe, Rippchen und T-Bone-Steak vom Speiseplan gestrichen. Nachdem neue Versuche mit Mäusen ergeben haben, daß der BSE-Erreger bei Kühen auch im Knochenmark und in den Nervenknoten neben dem Rückenmark sitzt, erließ die Regierung ein Verkaufsverbot für Rindfleisch am Knochen. Das gilt auch für importierte Ware. Gelatine soll ebenfalls unter das Verbot fallen. Wer Süßigkeiten, Kekse oder Brühwürfel herstellt, muß „zufriedenstellend nachweisen, daß die Zutaten BSE-frei sind“.

Dabei hatte sich der Rindfleischmarkt in Großbritannien gerade von der letzten Krise etwas erholt. Als im März 1996 eine Verbindung zwischen dem Rinderwahnsinn und der für den Menschen tödlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit eingestanden werden mußte, fiel der Verbrauch um fast 200.000 Tonnen im Jahr. In diesem Jahr ist er wieder um 100.000 Tonnen angestiegen. Zwar betrifft das nun erlassene Verbot nur fünf Prozent des verkauften Rindfleischs, doch der Vertrauensverlust dürfte ungleich größer sein.

Die Regierung in London kannte das Untersuchungsergebnis bereits seit einiger Zeit. Es wurde jedoch erst am Mittwoch öffentlich, nachdem die Informationen der BBC zugespielt worden waren. Landwirtschaftsminister Jack Cunningham versuchte gestern, den Schaden zu begrenzen. „Britisches Rindfleisch ist so sicher wie anderes Rindfleisch in Europa“, sagte er. Die Hoffnungen auf das Ende des EU-Exportverbots für britisches Rindfleisch dürften jedoch vorerst dahin sein. Schotten und Nordiren hatten mit einer Ausnahmegenehmigung gerechnet, da die Herkunftsnachweise für ihre Tiere genauer sind als in England und Wales. Die Labour-Partei hatte, als sie noch in der Opposition war, die Eurofeindlichkeit der Tories für das Exportverbot verantwortlich gemacht.

„Ich bin mir bewußt, in welcher Notlage sich die Bauern befinden“, sagte Premierminister Tony Blair vorgestern. „Doch wenn uns Wissenschaftler beraten und unser Chefmediziner eine Empfehlung ausspricht, sind wir verpflichtet, uns danach zu richten.“

Die Bauern reagierten wütend. In der Nacht zu gestern blockierten 3.000 von ihnen die Häfen in Schottland und Wales, um die Einfuhr irischen Rindfleischs zu verhindern. Die Blockade soll mindestens sechs Wochen andauern. Irland exportiert 85.000 Tonnen Rindfleisch im Jahr nach Großbritannien. Da die Importe aufgrund der starken britischen Währung billig sind, ist der Rindfleischpreis in den vergangenen drei Wochen um mehr als 40 Prozent gefallen.