Damit die Brunnen sprudeln

■ Edzard Reuter droht damit, dem Ernst-Reuter-Platz den Namen seines Vaters zu entziehen. Kann er nicht, sagt die Bauverwaltung. Aber über eine Sanierung sind sich SPD und CDU einig

Edzard Reuter hat einen gepfefferten Brief an Charlottenburgs Bezirksbürgermeisterin Monika Wissel (SPD) geschrieben. „Seit längerer Zeit macht mir der Zustand des Ernst-Reuter-Platzes große Sorge.“ Der Platz sei „verunziert“, der Zustand der Brunnenanlage sei „unerträglich.“ Deshalb behalte er sich nunmehr die rechtliche Überprüfung vor, inwieweit die Möglichkeit bestehe, das seinerzeitige Einverständnis der Familie für die Namensgebung des Platzes zurückzuziehen.

Um es vorweg zu nehmen: Diese Möglichkeit besteht nicht. Petra Reetz, Sprecherin der Senatsverwaltung für Bauen und Verkehr, betont: „Juristisch hat Herr Reuter keine Möglichkeit, gegen die Benennung des Platzes vorzugehen.“ Moralisch allerdings könne sie den Unmut von Edzard Reuter, Sohn des einstigen Oberbürgermeisters Ernst Reuter, verstehen. Seit Jahren sorgt der Zustand des Ernst-Reuter-Platzes – 1953, zwei Tage nach dessen Tod nach dem prominenten SPD-Politiker benannt – für Gesprächsstoff. Als Schmuddel- oder Schandplatz ist er verschrien, als „jämmerlich“ bezeichnet Hans Düttmann, Sohn des Senatsbaudirektors Werner Düttmann, den Platz. Werner Düttmann hatte 1961 den Brunnen mit dem Wasserbecken und den 41 Fontänen bauen lassen.

Ins Rollen gebracht hat die „Ernst-Reuter-Platz-Lawine“ Isolde Josipovici, eine Charlottenburger Pensions-Inhaberin. Seit einem Jahr kämpft sie um die Brunnenanlagen in der Stadt, treibt Sponsorengelder ein, damit die Brunnen wieder sprudeln, organisiert Benefizveranstaltungen – auch und vor allem, „um den Brunnen auf dem Ernst-Reuter-Platz zu retten“. Bislang allerdings stieß sie bei Bezirksbürgermeisterin Wissel und Baustatdrätin Profé (Bündnisgrüne) auf Desinteresse. Erst jetzt, da der Brief eines prominenten Absenders auf den Tischen der Bürgermeisterin und den Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD liegt, kommt Bewegung in die Sache.

Nunmehr bezeichnen auch Wissel und Profé den Zustand des Platzes als „beklagenswert“, verweisen aber darauf, daß die Bezirkskassen leer seien, das Bezirksamt schon seit längerem auf der Suche nach einem Sponsor sei, sehen aber auch den Senat in der Pflicht, da der Platz eine gesamtstädtische Bedeutung habe und die Instandsetzung kostenintensiv sei. Eine Sanierung würde zirka drei bis vier Millionen Mark kosten.

Etwas verwundert über die Äußerungen der beiden Charlottenburger Politikerinnen zeigte sich gestern Senator Jürgen Klemann (CDU). „Der Bezirk war jahrelang untätig. In dieser Zeit ist das Areal mit den einstigen Wasserspielen verwahrlost.“ Dabei habe sein Haus gar nichts dagegen, die Verantwortung für den Platz zu übernehmen. „Die Kosten würden wir schon zusammenkratzen“, so Klemanns Sprecherin Reetz, da ja auch bei den Koalitionsparteien CDU und SPD die einhellige Meinung bestehe, bestimmte Plätze in der Stadt als gesamtstädtische Angelegenheit zu betrachten. Einem entsprechenden Senatsbeschluß stünde also nichts im Wege. Allerdings, so betont Petra Reetz, müßten die Unterhaltungskosten für die Brunnen die Bezirke übernehmen, für den Brunnen auf dem Ernst-Reuter-Platz wären dies rund 180.000 Mark jährlich. Jens Rübsam