Duma verabschiedet Haushaltsentwurf

■ Appell des russischen Präsidenten Jelzin bringt auch Teile der Kommunisten auf Linie

Moskau (taz) – Nach wochenlangem Tauziehen hat gestern das russische Parlament, die Staatsduma, in erster Lesung die Rahmendaten des Haushalts für das kommende Jahr beschlossen. 231 Abgeordnete stimmten für den Entwurf, 136 dagegen. Bis zuletzt hatten die Kommunisten (KPR) als stärkste Fraktion an dem Entwurf ihre prinzipiellen Zweifel angemeldet. Am Vorabend der Abstimmung sprach sich das Zentralkomitee der KPR, das grundsätzlich radikaler gesinnt ist als die angepaßtere Parlamentsfraktion, dafür aus, das Dokument als ganzes abzulehnen.

Dem Abstimmungsergebnis läßt sich allerdings entnehmen, daß einige Dutzend kommunistischer Deputierter für die Annahme votierten. Demgegenüber lehnten die Abgeordneten der linksdemokratischen Opposition „Jabloko“ das Budget geschlossen ab.

Die Unsicherheit, wie die Legislative entscheiden wird, hatte sogar noch Präsident Boris Jelzin auf den Plan gerufen. Der Kremlchef erschien kurz vor dem Wahlgang in der Duma und appellierte an die „staatsmännische Pflicht“ der Deputierten. „Der Haushalt ist außerordentlich wichtig. Ich dränge Sie daher, die Annahme nicht zu verschieben.“ Seine Bitte unterstrich er noch mit einer überaus düsteren Schilderung, welche destabilisierenden Konsequenzen für den russischen Finanzmarkt und den Rubel es haben werde, sollte das Gesetz nicht angenommen werden.

Offenkundig verfehlte Jelzins Auftritt bei den Abgeordneten seine Wirkung nicht. Es war Jelzins erste offizielle Rede vor dem Unterhaus des Parlaments. Obwohl die Gesetzgeber den Präsidenten mehrfach aufgefordert hatten, in die Duma zu kommen, war Jelzin dem Wunsch nicht gefolgt. Grund für die Zurückhaltung waren die belasteten Beziehungen zwischen dem Kreml und dem oppositionellen Parlament.

Der verabschiedete Haushalt ist bereits eine revidierte Fassung des ursprünglichen Entwurfs, den die Opposition im Oktober zurückgewiesen hatte. Eine Schlichtungskommission aus Regierung und parlamentarischer Opposition befaßte sich mit der Überarbeitung. Im Ergebnis gelang es den Kommunisten, der Regierung 27 Trillionen Rubel (rund 7,8 Milliarden Mark) zusätzlich abzutrotzen. Desgleichen gab die Regierung der Forderung nach, das neue Steuergesetz zurückzuziehen, und verpflichtete sich, im vorhinein festzulegen, welche finanziellen Zuwendungen die 89 „Subjekte“ der Föderation erhalten.

Das veranschlagte Defizit beläuft sich auf 132 Trillionen Rubel (35 Milliarden Mark), was 4,7 Prozent des geschätzten Bruttoinlandsprodukts entspricht. Den Einnahmen von 367 Trillionen Rubel stehen auf der Ausgabenseite 500 Trillionen Rubel gegenüber.

Die Erfahrung indes lehrt, daß die Staatseinnahmen in den Vorjahren ein wenig zu rosig vorausberechnet wurden. So sanken die Steuereinnahmen im zweiten Halbjahr des Jahres 1997 auf knapp über 50 Prozent der Schätzung. Nicht zufällig ist Vizepremier Anatoli Tschubais gerade auf der Suche nach ausländischen Kreditgebern, um die drohende Zahlungskrise abzuwenden. Ausländische Experten bewerteten den ersten Haushaltsentwurf positiv. Es sei das erste Budget in Rußland, das mit realistischen Zahlen operiere, hieß es im Oktober. Das jetzt verabschiedete Rahmengesetz dürfte auf weniger Zustimmung stoßen. Klaus-Helge Donath