Die Harmonie der Standuhr

■ Noch einmal schlafen, dann gibt es wieder „Stand der Dinge“

Frank N. Stein hat alles im Griff. Auch seinen Sachbearbeiter Clownman, der seit sieben Jahren regelmäßig zu spät an seinem Arbeitsplatz erscheint. Clownman unterschreibt bei einem zwielichtigen Hausierer einen Vertrag, der fortan seinen Alltag bestimmt und seine Freizeit durch kollektive Notwendigkeiten ersetzt. Seine Standuhr, mit der er bis dato in einer banalen Harmonie gelebt hatte, wird ihm genommen und durch „Scissorman“, einen Klon aus Haushaltsroboter und Computer, ersetzt.

Manage von Tobias Sandberger, der morgen im Rahmen von Stand der Dinge – Neue Filme aus der HfbK im Metropolis gezeigt wird, zeigt mit den Mitteln des Stummfilms einen Ausschnitt aus der in die Krise gekommenen Arbeitsgesellschaft. Mediale Freizeitgestaltung, das Reich der Arbeit und urbane Zwänge stehen einer seltsamen Zeitlosigkeit gegenüber. Clownmans Leben pendelt hilflos zwischen altvertrautem Daseinstakt und technisiertem Alltag. Und wenn Scissormans Monitor Bilder von geometrisierten Menüs aus Fernost in Clownmans Wohnzimmer holt, ist dies nur eine weitere programmierte Invasion des Manipulators Frank N. Stein. Denn der bestimmt, wieviel Welt Clownman in die Bude kommt.

Absurde Komik, fleckiges schwarz-weiß Filmmaterial und der Originalton von alten US-Filmen erzeugen eine skurrile Atmosphäre, in der der Protagonist dem übergeordneten Spiel von Macht und Emotionen nichts weiter entgegenzustellen hat als die Frage: „Was ist hier eigentlich los?“

Ähnlich ratlos steht der Skinhead in Ben und Dom Reddings Taste the Sweat vor Identitätsproblemen. Für die hält das Regieduo jedoch eine recht trutschige Lösung parat: Träume, kleiner Skin, und liebe deine Feinde, statt sie zu vermöbeln. Unser Skinhead Martin beobachtet heimlich einen Punker, dessen Freund er zuvor übel verhauen hat, in einem Tattoo-Studio. Die Tätowiermaschine surrt, und Martin gerät ins Träumen. In seinen Visionen wird er zum Star einer Skin-Band. Und wie die Phantasie es so will, tritt der eben noch beäugte Punk auf die Bühne und überreicht dem Umjubelten zärtlich ein Bier. Nun ja, soll die Jugend sich doch liebhaben, das Fest der Liebe steht schließlich vor der Tür.

Carsten Hansen

außerdem laufen jeweils um 21.15 und 23 Uhr im Metropolis: „Heimatlos“von Birgit Pollak, „Tempietto“von Lars Böttger, Ratko Rudolph und „Strukturen“von Andreas Walter