■ Nachschlag
: Das Theater Ramba Zamba spielt „Medea“ in der Kulturbrauerei

Nele Winkler (Medea) und Moritz Höhne (Jason) Foto: Jörg Metzner

Ganz schön modern: Mehrere Medeas und Jasons, ständige Brechungen zwischen Spiel und Leben, verschiedene kluge Lösungen für Medeas angeblichen Kindermord, wenn wir denn Euripides' Version glauben wollen. Der wurde ja angeblich von den Korinthern bestochen. Bestimmt ohne Schmiergeld, aber nicht weniger kraß zur Sache geht's bei Gisela Höhnes Bearbeitung des Medea-Stoffes für die behinderten SchauspielerInnen von Ramba Zamba. „Der tödliche Wettbewerb“ im Untertitel signalisiert Aktualität: Es gibt Handys, verführte Männer in billigen Anzügen, fernsehvernarrte Ehemänner, tanzbare Beats und Ausgrenzungen des anderen.

Die Schauspieltruppe will die Medea proben, um sie in Korinth an einem großen Theater aufzuführen. Korinth als Metapher für Sehnsucht, für Wohlstand und Begierde. Korinth ist aber weit entfernt. Hinter Wellblechwänden, hinter einer verschlossenen Tür, da, wo wiederholt die schöne Glauke tanzend auftritt, um einen Jason abzuschleppen, der jeweils willig hechelnd folgt. Der sichtbare Bühnenraum ist Kolchis, wo Medea – die Figur des Widerstands – sich in Erde wälzt. Auf beiden Seiten verkriechen sich die SchauspielerInnen ständig hinter Baublechen, gleichsam an den Rand gedrängt. Widerwillig tönt es einmal: „Und imma wieda rinne.“ Die Ebenen sind zahlreich und komplex, die Mittel ebenso. Schnelle Abläufe, stille Szenen, die unerbittlich kippen, wenn etwa eine Medea hinter schmalem Vorhang erotisch flüstert, um gleich in ein langes Schreien und Dreckschleudern überzugehen.

Nach der Pause macht sich bei den mehrheitlich leisen Dialogszenen Überforderung bemerkbar – eine halbe Stunde weniger Spielzeit wäre hilfreich. Denn die erste Hälfte ist schlicht umwerfend. Um das Humusrund in der Mitte wird rituell getanzt, eine Medea entsteht. Kleine Kunststücke, eine dreistimmige Schlagerparodie mit waschechtem Vibrato, knallende Blechmusik: Im Nummernprogramm zeigen die Leute am meisten Sicherheit, haben den größten Spaß und lassen einem wirklich den Kiefer hängen. Tobi Müller

Nächste Vorstellungen 15., 19. und 20.12., 19 Uhr, Theater im Pferdestall der Kulturbrauerei, Knaackstraße 97