„Ich für dich, du für mich“

Gefestigt und abwehrstark gehen die deutschen Handballerinnen das morgige WM-Achtelfinale an – und in Harmonie  ■ Von Frank Ketterer

Sindelfingen (taz) – Die WM- Spiele der deutschen Handball- Frauen beginnen stets mit einer schönen Geste. Wenn aus den Lautsprecherboxen die Hymne geschmettert wird, stellen sich die Spielerinnen hintereinander in einer Reihe auf und nehmen sich bei der Hand. Richtig feierlich sieht das aus, wenn sie so dastehen im Licht der Scheinwerfer, und jeder in der Halle sieht, auch die Gegnerinnen, daß es sich da auf dem Parkett um eine ziemlich eingeschworene Gemeinschaft handeln muß. „Ich für dich und du für mich“, soll die schöne Geste bildhaft darstellen, jenen Schlachtruf also, den Ekke Hoffmann angeregt hat, als er vor etwas mehr als zwei Jahren zurückgekehrt ist ins Amt des Bundestrainers.

Eine solche Einheit war das Frauenteam des DHB nicht immer. Hoffmanns Vorgänger, Ingolf Wiegert, trat zurück, weil er es einfach satt hatte, daß einzelne Spielerinnen immer wieder gegeneinander statt miteinander spielten. Auch seine beiden Vorgänger scheiterten, obwohl sportliche Erfolge durchaus vorzuweisen waren, unter anderem der Gewinn der WM 1993 in Norwegen. Nicht auf, sondern neben dem Parkett, das stellte die Süddeutsche Zeitung einmal fest, sei das geschehen, weil dort stets ein „Geflecht von Emotionen, Neid und Sensibilitäten“ geherrscht hätten.

Daß ausgerechnet Ekke Hoffmann dieses zerschlagen konnte, so jedenfalls hat es den Anschein, ist ziemlich interessant. Denn auch er war als Bundestrainer schon einmal gescheitert, vor neun Jahren nämlich. Ziemlich heftig sogar – und nicht schuldlos. Zu persönlich hatte Hoffmann damals auf vieles reagiert, zu unbeherrscht ging er mit den Spielerinnen um. Schwamm drüber, vorbei. „Heute werde ich besser mit Emotionen fertig“, sagt er. „Er hat sich geändert“, sagt Kreisläuferin Michaela Erler, die den Bundestrainer als einzige aus dem WM-Kader noch während seiner ersten Amtszeit erlebt hat.

Die Stimmung im deutschen Team ist also gut bei der WM im eigenen Land. „Es macht Spaß in der Nationalmannschaft zu spielen“, sagt beispielsweise Grit Jurack, die mit ihren 25 Toren maßgeblich Anteil daran hatte, daß das DHB- Team sich nach vier Siegen gestern abend im Glaspalast zu Sindelfingen gegen den EM-Dritten Österreich sogar eine Niederlage mit fünf Toren leisen konnte, ohne Platz eins in Gruppe A deshalb zu verlieren (bei Redaktionsschluß noch nicht beendet).

Erstes Teilziel, das morgige Achtelfinale in Hannover (gegen Weißrußland) also erreicht, zudem wichtige Erkenntnisse gewonnen: „Die Mannschaft hat sich gefestigt“, sagte Hoffmann schon nach dem deutlichen 29:19-Sieg gegen Polen, „die Einbrüche sind nicht mehr so hoch.“ Auf den meisten Positionen bieten sich mehrere Alternativen an, vor allem auf die Abwehr scheint Verlaß. „Im Angriff“, das wiederum sagte der Trainer nach dem samstäglichen 32:18-Sieg gegen Brasilien, „fehlt mir noch die Konstanz. Es ist also noch eine Steigerung drin.“

Und nun? Morgen beginnt das Turnier richtig. Die meisten wirklich schwachen Gegnerinnen sind aussortiert. Mitfavoritinnen wie Dänemark (23:25 gegen Mazedonien) und Rumänien (26:30 gegen Ungarn) mußten sich aber schon ans Verlieren gewöhnen. Eine weitere Niederlage ist nicht mehr drin: Wer verliert, fliegt raus. Das ist die eine Sache. Die andere: Wer noch dreimal gewinnt, steht im Finale.