Israels Gewerkschaften beugen sich der Regierung

■ Eine neue Rentenvereinbarung soll den fünftägigen Streik im öffentlichen Dienst beenden

Jerusalem (AFP) – In Israel ist nach fünf Tagen ein Ende des Streiks der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Sicht. Der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbands Histadrut, Amir Peretz, sagte gestern nachmittag, mit Finanzminister Jaakov Neeman sei ein Kompromiß über die Rentenfrage vereinbart worden. Wenn dieser wie geplant am Abend unterzeichnet werde, könne danach das Ende des Streiks bekanntgegeben werden.

Kurz zuvor hatte die Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Zwangsmaßnahmen gegen Arbeitsverweigerer angeordnet und Streikverbote erlassen. Bei der Verhängung der Zwangsmaßnahmen berief sich die Regierung auf die israelische Notstandsgesetzgebung, die noch aus der Zeit der britischen Mandatsherrschaft über Palästina stammt. Die Regierung wollte damit nach eigenen Angaben die Funktion „lebenswichtiger“ Bereiche aufrechterhalten. Darunter fallen unter anderem die Versorgung mit Strom, Telefon, Wasser, der Betrieb auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv sowie die Arbeit der Beamten in den Ministerien. Beschäftigte, die sich dem Streikverbot widersetzen, müssen mit bis zu zweijährigen Gefängnisstrafen und einer Geldstrafe von umgerechnet rund 5.300 Mark rechnen. Dies teilte im Armeerundfunk der für den öffentlichen Dienst zuständige Schmuel Hollander mit. Streikverbote wurden in Israel zuletzt vor vier Jahren ausgesprochen.

Die rund 700.000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes streiken seit Mittwoch für eine Umsetzung der unter der sozialdemokratischen Vorgängerregierung getroffenen Rentenvereinbarung. Der Streik hatte das öffentliche Leben in Israel weitgehend lahmgelegt. Die Streikenden wenden sich zudem gegen Privatisierungspläne der Regierung, deren Umsetzung nach Angaben der Gewerkschaft zu einem massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen führen wird. Die Arbeitslosenrate in Israel erreichte mit mittlerweile 8,1 Prozent einen neuen Höchststand. Für 1997 wurde mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von lediglich zwei Prozent gerechnet – gegenüber durchschnittlich sechs Prozent seit Beginn der 90er Jahre. Eigentlicher Auslöser des Massenstreiks waren Äußerungen des Finanzministers, in denen er streikende öffentliche Bedienstete mit palästinensischen Selbstmordattentätern verglichen hatte.

Betroffen von dem mehrtägigen Ausstand waren neben dem Zug-, See- und Flugverkehr Behörden, Ministerien, Banken, die Börse, Rüstungsbetriebe, die Telefongesellschaft, Erdölraffinerien sowie das Unterrichtswesen. Schließlich schlossen sich auch die Busfahrer der Streikbewegung an. Demonstrationen und Straßenblockaden der Streikenden führten noch am Sonntag im ganzen Land zu Verkehrsstaus.