Press-Schlag
: Avanti dilettanti

■ St. Paulis 3:0 in Meppen glättet die Wogen nach dem Rausschmiß von Vize Hinzpeter

Eigentlich hätte Heinz Weisener, Präsident des FC St.Pauli, genügend Grund gehabt, bei der Pressekonferenz nach dem Spiel in Meppen vor Freude zu strahlen. Die Mannschaft hatte den SV Meppen mit 3:0 besiegt und dabei auch noch hübsch anzusehenden Konterfußball geboten. Die angekündigten Proteste der Fans gegen den Rausschmiß des Vizepräsidenten Christian Hinzpeter beschränkten sich auf zwei Transparente („Avanti Dilettanti, FC St. Pauli“ und „St. Pauli 1997: Ein Verein läuft Amok gegen sich selbst“).

Der im Vorfelde proklamierte zehnminütige Spielboykott der eigenen Anhängerschaft blieb aus. „So etwas läßt Gebete erhört: St.-Pauli-Chef WeisenerFoto: Stephan Pflug

sich mit 2.000 teilweise Betrunkenen, die mit einem Sonderzug hierhergefahren sind, einfach nicht organisieren“, wußte der Fanbeauftragte Sven Brux. Und so ergaben sich nur vereinzelte „Hei, hei Hinzpeter“-Rufe als Unmutsbekundungen darüber, daß der gesellschaftspolitisch engagierte Funktionär gegen den Wirtschaftsprüfer Robert Ahrens ausgetauscht wurde.

Für Heinz Weisener war der Ausflug nach Meppen harte Arbeit in Sachen Schadensbegrenzung. Die Hamburger Presse hat nach dem Rausschmiß des geschäftsführenden Vizepräsidenten festgestellt, daß es um den Mythos des FC St. Pauli als „etwas anderer Verein“ nicht mehr sonderlich gut bestellt ist. Sprich: daß der Verein für die Kicker ein Arbeitsplatz wie jeder andere ist, und die Fans sich mittlerweile in ihren Unmutsbekundungen nicht anders verhalten als die von Meppen oder des HSV. Sie pfeifen auch mal gnadenlos.

„Bei den Fans brodelt es“, sagt Sven Brux, bei dem sich sowohl Weisener als auch Ahrens eifrigst in der Spielpause bemüht hatten, einen baldigen Gesprächstermin zu bekommen. Denn noch steht nicht fest, wie die von Hinzpeter initiierte vorbildliche Fanarbeit des Vereins fortgesetzt wird und wer künftig Ansprechpartner für die Anhängerschaft beim Präsidium sein wird. Dennoch: Um den Markenartikel „FC St.Pauli“, dessen Vermarktungsrechte Heinz Weiseners Marketing GmbH hat, braucht sich der St.- Pauli-Präses keine Sorgen zu machen. Der FC St. Pauli steht weiterhin für „Anderssein“ und „Gegen-die-Großen-Anstinken“ – in etwa so wie „Ariel“ fur Reinheit steht. Kai Rehländer