Glatter Untergang

■ Der Veltener Kleinverleger Reinhardt Becker kaufte die „Deutsche Lehrerzeitung“ und richtet das Traditionsblatt nun zugrunde

Als „Organ des Ministeriums für Volksbildung und des Zentralvorstandes der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung“ hatte die 1953 gegründete Deutsche Lehrerzeitung (DLZ) eine Auflage von fast 158.000 Stück. 1989 übernahm zunächst einmal der DDR-Schulbuchverlag Volk und Wissen die DLZ und verwaltete zwei Jahre lang den Auflagensturz. Nachdem ein Gesellschafterquartett aus Cornelsen-Verlag, Klett-Verlag, Friedrich-Verlag und der Berliner Lokalgazette Der Tagesspiegel sich an dem Projekt erfolglos versucht hatte, bewahrte im Juni 1995 die zum Verlegerkonglomerat Schmidt und Partner gehörende Elefanten Press das Pädagogenblatt vor der Liquidation. Inhalt und Form verbesserten sich, die DLZ-Beilagen wurden häufig für die Unterrichtsgestaltung nachbestellt. Der Abo-Rückgang konnte aber nicht aufgehalten werden.

Die Medienmanager mit dem Linksimage, die vorübergehend auch Druckerzeugnisse wie das Tagblatt junge Welt und die Wochenzeitung Freitag im Angebot hatten, verscherbelten daher im September die DLZ, und zwar an den Veltener Kleinverleger Reinhardt Becker. Der muß sich vor allem über die verbliebenen rund 12.000 Abonnenten gefreut haben, denn aufsehenerregende Gewinne hat der Mann aus der Provinz mit der von ihm unregelmäßig herausgegebenen mathematischen Schülerzeitung alpha und den „Sitzungsberichten der Leibniz-Sozietät“ wohl bislang nicht erwirtschaften können.

Die Redaktion hat von dem erneuten Besitzerwechsel erst nach der Vertragsunterzeichnung erfahren; der neue Verleger versuchte die Redakteure mit der Ankündigung zu beruhigen, daß sich „für die Leser der Deutschen Lehrerzeitung durch den Verlagswechsel zunächst nichts ändern“ werde. In einem Editorial der DLZ-Ausgabe vom 2. Oktober hatte Reinhardt Becker unter der Überschrift „Glatter Übergang“ seinen „mittelständischen Familienbetrieb“ vorgestellt und darauf aufmerksam gemacht, daß man mit den Abrechungsmodalitäten noch „Startschwierigkeiten“ habe.

So glatt verlief der Übergang jedoch nicht. Der mehr familiäre als mittelständische Betrieb zahlte Mitarbeitern der DLZ im Oktober und November ihre Gehälter nicht und verschickte statt dessen einen Stapel Kündigungen. In Velten plant man derweil ein monatliches Journal für die studienrätische Info-Elite. Kommenden Donnerstag wird die DLZ wahrscheinlich überhaupt nicht ausgeliefert werden, da Reinhardt Becker Rechnungen der Vertriebsfirma AVZ nicht beglichen haben soll. Geld müßte vorhanden sein, hat er die DLZ-Bezieher doch aufgefordert, die Jahresbeiträge für 1998 im voraus zu entrichten. Zu den Ausständen will der Verleger der ehemals „Unabhängigen Zeitung für Schule und Gesellschaft“ sich nicht äußern. „Eine Doppelausgabe zum Start des neuen Produkts“, verkündet Becker hingegen, „wird vermutlich in vierzehn Tagen erscheinen.“ Carsten Otte